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Sport: Neue Angst in alten Ställen

Der Galoppsport steckt in der Krise – auch eine neue Führung bringt keine Perspektive

Berlin. Es sollte der letzte Schritt von Dai Jin in die Ruhmeshalle des Galoppsports sein, bevor sich der Derbysieger ganz den Nachkommen im Gestüt Zappenbroich widmen kann. Der letzte Schritt zog sich jedoch unerwartet lang hin. Am vorigen Sonntag sollte der Hengst zum Galopper des Jahres gewählt werden, doch ein technischer Defekt sorgte für ein peinliches Debakel. Die Rufnummern bei der Ted-Umfrage zur ältesten Publikumswahl im deutschen Fernsehen waren nicht zu erreichen, die Wahl bei der Sendung „Sport im Westen“ wurde abgebrochen und auf gestern Abend verschoben. Dabei wurde Dai Jin Zweiter hinter Ransom’War.

An dem Wahl-Debakel ist der deutsche Galoppsport zwar schuldlos, doch es ist symptomatisch für seine Lage. Während die deutschen Pferde immer erfolgreicher durch die Welt reiten, erleben die Bahnen im Heimatland ein wirtschaftliches Desaster. Seit Jahren sind die Umsätze rückläufig. Die Winterrenntage in Neuss und Dortmund drohen von Woche zu Woche abgesagt zu werden, und auch die Lage auf den Sommerbahnen ist bedrückend. Den Standorten Halle und Magdeburg droht das Aus; Düsseldorf und Neuss kooperieren seit wenigen Tagen, weil sie erhebliche Schwierigkeiten haben.

Die Gründe sind vielfältig. Neben der stärker werdenden Konkurrenz von neuen Lottoformen und Sportwetten im Internet ist der wichtigste Grund der seit Monaten anhaltenden Streit über die Fernsehbilder mit den Buchmachern. Immer wieder einigen sich beide Seiten, um dann kurz darauf die Zusammenarbeit wieder einzustellen. Damit fehlt den Vereinen aber die stärkste Einnahmequelle neben den Wettgeldern auf der Bahn. Mit einer geplanten Veränderung der Wettsteuer könnte sich die Situation bald noch verschärfen.

Schuld an dem Dilemma sei der Verband, sagen viele Trainer, Besitzer und Bahnbetreiber. Deshalb kam es im Oktober zum Aufstand. Sechs Klubs entzogen dem Direktorium, dem Galoppverband, die Vermarktung der Rennbilder und anschließend auch das Vertrauen in die Führungsriege. Erst wurde der Vorsitzende für die Betriebsgesellschaft der Rennvereine ersetzt, der wiederum drückte auf eine Neubesetzung des Direktoriums. Nach der Entlassung des Geschäftsführers Detlef Meimann wurden Mitte Dezember auf einer Sondersitzung auch zwei neue Vizepräsidenten gewählt. Doch auch diese neue Riege startet mit Querelen und bietet keine Perspektive. So war bei der traditionellen Ehrung der Champions am Silvesterrenntag auf der Neusser Rennbahn nur der Pressesprecher anwesend, was für Verstimmung bei Trainern, Jockeys und Besitzern führte.

Ein Ende der Turbulenzen ist nicht in Sicht. Zwar wurde ein eigener Rennsender gegründet, der über Satellit empfangen werden kann. Doch auch dort gab es eine Panne: Bei der Vergabe des neuen Sendernamens wurde das C in Race mit Z vertauscht. Jetzt heißt der Rennsender Raze TV.

Ingo Wolff

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