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Neue Bayern-Harmonie: Ribéry herzt Van Gaal: Witz oder Wahrheit?

Franck Ribéry zeigt jetzt auf einmal große Zuneigung für Bayern Münchens Trainer Louis van Gaal – was nicht unbedingt schon etwas heißen muss.

Wer kann diese Darbietung am besten deuten? Ein Fußball-Experte oder ein Theater-Rezensent? Wahrscheinlich benötigt man eine Mischung aus beidem, um das Schaffen des Franck Ribéry in Dortmund umfassend würdigen zu können. Der kleine Franzose war nach tatenloser erster Halbzeit gerade mal 20 Minuten für den FC Bayern München auf dem Feld, als er für eine Aufführung sorgte, die prädestiniert ist, in sämtlichen Highlight- und Rückblick-Sendungen der Bundesliga wiederholt zu werden: Erst zwirbelte der Franzose einen Freistoß in den Winkel, um dann loszurennen. Niemand vermochte Ribéry einzuholen, nach 60 Metern Anlauf sprang er seinem Trainer Louis van Gaal in die Arme.

Am Ende hatte der Rekordmeister aus München seine Dienstfahrt ins Revier zu einer beeindruckenden Gala gemacht und den BVB vor 80 000 Besuchern im ausverkauften Dortmunder Stadion mit 5:1 (1:1) abgefertigt. Es war ein Sieg, der nach der Anfangsphase nicht zu erwarten war, und der am Ende um den ein oder anderen Treffer zu deutlich ausfiel. „In der zweiten Halbzeit haben die ja mit jedem Schuss in den Winkel getroffen“, wunderte sich Dortmunds Torschütze Mats Hummels.

Trotz der Vielfalt an Ereignissen wurde nach dem Schlusspfiff nur noch über Ribéry und van Gaal gesprochen. Solche Jubelszenen gibt es immer wieder, wenn auf Fußballplätzen Tore fallen. Und doch war diese eine besondere. Der Weltstar und der charismatische Trainer, der das System über den Einzelnen stellt und dem der Ruf vorauseilt, immer wieder mit charismatischen Spielern anzuecken. Ribéry schien dafür prädestiniert, und bis Samstagnachmittag hatten sich alle Vorzeichen bestätigt, die auf Zoff hindeuteten. Zuerst das ewige Theater um den von Ribéry forcierten Wechsel nach Madrid. Dann die Verletzungen und die fehlenden Einsatzzeiten sowie die Systemdiskussion. Während van Gaal den Tempodribbler auf der zentralen Position binden wollte, verlangte der Spieler alle Freiheiten, um rechts und links wirbeln zu können. Mehr als einmal beklagte Ribéry die fehlende Rückendeckung. Zuletzt bemängelte er, das Training sei langweilig und stereotyp.

In Dortmund verbrachte Ribéry die erste Halbzeit mal wieder auf der Bank. Doch anstatt zu schmollen, spielte er brillant und demonstrierte jedem, der zuschaute: „Seht her, es ist alles in bester Ordnung.“ Was ist das, was Ribéry da aufführt? Ein Rührstück oder eine Schmierenkomödie? Der letzte Akt ist wahrscheinlich noch gar nicht gespielt. In Dortmund gaben sich alle Beteiligten große Mühe, ihre harmonische Verbundenheit zu demonstrieren. Es freue ihn aufrichtig, wenn ein Spieler sein Tor auf diese Weise mit ihm feiere, betonte der Trainer. Doch noch mehr freue er sich „auf den Moment, an dem Franck wieder richtig fit ist. Das ist derzeit noch nicht der Fall, das wissen er und ich ganz genau.“ Und dann hatte der knorrige Holländer noch ein bemerkenswertes Bonmot über Ribéry auf Lager: „Er hat gezeigt, dass er mich liebt und dass er ein großer Fußballspieler ist.“

Ribéry begab sich ebenfalls verbal auf Schmusekurs. Man müsse sich an die Art und die Disziplin van Gaals zwar gewöhnen, „aber ich habe ihn immer respektiert und ihm vertraut“. Weiterer Zuspruch kam von Ribérys Flügelpartner Arjen Robben, der betonte, van Gaal sei ein Trainer, „der jede Mannschaft besser machen kann. Und jeder Spieler bei uns weiß das.“

Wer solche Worte hört und sich vor Augen führt, mit wie viel individueller Klasse die Bayern nach verpatzter erster Hälfte agierten, darf die Erwartungshaltung ruhig heben. In Dortmund ließ van Gaal 45 Minuten lang mit vier Stürmern spielen und sprach hernach Sätze, die das Selbstwertgefühl der Bayern dokumentieren: „Wenn ich das Gefühl habe, das machen zu können, mache ich das. Schauen Sie sich doch das Ergebnis an.“

Der wiedererstarkte Bastian Schweinsteiger freute sich über „vier Weltklasse-Offensivspieler“ und meinte damit Ribéry, Robben, Gomez und Olic. In Vergessenheit geriet dabei der ebenso junge wie erstaunliche Thomas Müller, dem in der Schlussphase zwei Treffer gelangen – im übrigen die ersten seiner Bundesligakarriere. Über Koryphäen wie Miroslav Klose und Luca Toni, die erst gar nicht mitgereist waren, spricht derzeit sowieso keiner.

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