zum Hauptinhalt
Überraschend nicht im Kader. Zufrieden war Javairo Dilrosun mit der Situation in Paderborn sicher nicht.

© dpa

Neue personelle Möglichkeiten: Bei Hertha BSC kann es jetzt jeden treffen

Nicht erst seit der Transferoffensive im Winter verfügt Hertha BSC über deutlich mehr Qualität. Deshalb sind so manche Spieler überraschend außen vor.

Alexander Nouri ist in Buxtehude geboren, seine Kindheit und Jugend hat er im Dunstkreis von Hamburg verbracht, und offenbar hat das nachhaltig auf sein Gemüt abgefärbt. Zu Überschwang neigt Nouri nicht. „Es besteht überhaupt kein Anlass, jetzt zu euphorisch zu sein“, hat der Trainer von Hertha BSC nach dem 2:1-Erfolg seiner Mannschaft beim SC Paderborn gesagt. Das stimmt, wenn man es allein auf den knappen Sieg gegen den spielerisch limitierten Tabellenletzten bezieht.

Nicht stimmt es, wenn man Herthas Gesamtsituation in der Fußball-Bundesliga betrachtet. Nach menschlichem Ermessen sollten die Berliner in dieser Saison mit dem Abstiegskampf nichts mehr zu tun haben. Oder, wie es Alexander Nouri nach dem Sieg am Wochenende ausdrückte: „Es war ein wichtiger Schritt zum Klassenerhalt, aber es müssen weitere folgen. Wir müssen die Spannung hochhalten.“

Hertha BSC hat im Abstiegskampf das Gröbste hinter sich

Die Spannung ist wohl eher eine künstliche. 28 Punkte haben dem VfB Stuttgart in der vergangenen Saison zur Teilnahme an der Relegation gereicht; der FC Augsburg brauchte 32 Punkten, um sich auf Platz 15 zu retten. Aktuell kommt Hertha auf 26 Punkte. Zwölf Spieltage vor Schluss.

Neben der Tabellensituation gibt es einen weiteren Grund, warum die Berliner seit Paderborn das Gröbste bereits hinter sich haben. Es ist die Qualität ihres Kaders, der deutlich stärker besetzt ist als der ihrer Konkurrenten im Abstiegskampf. Und das nicht erst seit der Transferoffensive in diesem Winter, als Hertha noch einmal 50 Millionen Euro für Santiago Ascacibar, Krzysztof Piatek und Matheus Cunha investiert hat.

Die Folgen waren am Samstag in Paderborn gut zu beobachten – beim Blick auf die Ersatzbank. Obwohl Alexander Nouri von sämtlichen Wechseloptionen Gebrauch machte, saß am Ende noch reichlich Prominenz neben ihm auf der Bank: der WM-Teilnehmer Marvin Plattenhardt; Marko Grujic, den der frühere Trainer Pal Dardai mal als Herthas besten Mittelfeldspieler der vergangenen 20 Jahre bezeichnet hat, und Dodi Lukebakio, die teuerste Verpflichtung der Vereinsgeschichte.

Erhöhen den Konkurrenzkampf: Matheus Cunha (2.v.l.) und Krzysztof Piatek (M.).
Erhöhen den Konkurrenzkampf: Matheus Cunha (2.v.l.) und Krzysztof Piatek (M.).

© Friso Gentsch/dpa

Die neuen personellen Möglichkeiten erlauben es Herthas Trainer, flexibel auf unterschiedliche Situationen zu reagieren. So entschied er sich in der Schlussphase in Paderborn gegen Dodi Lukebakio. Stattdessen brachte Nouri für den Siegtorschützen Matheus Cunha den Routinier Vedad Ibisevic, der etwas Ruhe in das hektische Spiel bringen sollte. Ibisevic ist jemand, der die Bälle auch mal unter Druck behaupten kann.

Lukebakio hingegen, obwohl mit fünf Toren und fünf Assists Herthas bester Scorer, wirkt oft zu flatterhaft. Immerhin erging es dem Belgier noch deutlich besser als Javairo Dilrosun, der es gar nicht erst in den Spieltagskader geschafft hatte. Aus sportlichen Gründen, wie Trainer Nouri auf Nachfrage bestätigte.

Javairo Dilrosun hat zuletzt Anfang Oktober getroffen

Der 21-Jährige verfügt, gerade im Eins-gegen-eins über eine individuelle Qualität, die Herthas damaligen Trainer Ante Covic im Herbst zu der Aussage verleitet hat, dass Dilrosun „für uns zu einer Waffe werden“ könne. Doch der Zauber seiner ersten Wochen in Berlin, der ihn bis in die holländische Nationalmannschaft getragen hat, ist längst verflogen.

Dilrosun hat es zuletzt zu selten geschafft, seine individuelle Klasse für das Kollektiv einzusetzen. Oft setzt er irgendwo im Niemandsland zum Dribbling an, ohne echte Bedrohung für das gegnerische Tor. Am 4. Oktober hat er zuletzt getroffen, danach gelang ihm nur noch eine Torbeteiligung. Nouris Entscheidung, in Paderborn komplett auf den Holländer zu verzichten, war ein deutliches Zeichen. Das Zeichen, dass künftig mehr kommen muss. Aber das gilt nicht nur für Javairo Dilrosun.

Zur Startseite