zum Hauptinhalt
Ein Betrugsversuch? Bei einem Manipulationsverdacht können Handball-Schiedsrichter ausgewechselt werden – während des Spiels! Foto: Reuters

© REUTERS

Sport: Neue Referee-Regel sorgt im Handball für Entsetzen

Kristianstad - Alfred Gislason lacht laut, als er davon hört. Und dann vermutet der Trainer des THW Kiel einen schlechten Witz: „Das stimmt nicht, oder?

Kristianstad - Alfred Gislason lacht laut, als er davon hört. Und dann vermutet der Trainer des THW Kiel einen schlechten Witz: „Das stimmt nicht, oder?“ Dass die Internationale Handball-Föderation (IHF) klammheimlich eine neue Regel eingeführt hat, wonach schon bei der laufenden Weltmeisterschaft in Schweden die Schiedsrichter noch während der Partie ausgewechselt werden dürfen, ruft zunächst Erheiterung hervor. Und dann Entsetzen. „Wie soll das funktionieren?“, fragt Gislason. „Darf ich als Trainer ein Veto einlegen? Das ist eine gefährliche Regel.“ Und eine, die in der Sportwelt ihresgleichen sucht.

Die Idee dazu stammt offenbar von Hassan Moustafa, dem ägyptischen IHF-Präsidenten. Moustafa hat schon vor der WM für Stirnrunzeln gesorgt, als er eine Verkleinerung der Tore vorschlug, um so die Treffer im Handball wertvoller zu machen. Die neue Bestimmung für die Schiedsrichter ist aber bereits umgesetzt, als Teil der seit Sommer 2010 gültigen Regeln, wie der Schweizer Roland Bürgi bestätigt. „Es ist richtig, dass die Schiedsrichter sofort ersetzt werden können, wenn ein Fall von Manipulation vorliegt“, sagt das Mitglied der IHF-Regel- und Schiedsrichterkommission. Bürgi erklärt das Verfahren, das im Fall einer klaren Manipulation vorgesehen ist: „Zuständig dafür ist das Mitglied der Schiedsrichterkommission am Kampfrichtertisch“, sagt der Schweizer. „Ich würde mich in einem solchen Fall aber sicher mit den beiden Delegierten des Verbandes abstimmen.“ Technisch ist es kein Problem, dies bei einem WM-Turnier umzusetzen: Seit Jahren sitzen Ersatz-Schiedsrichter auf der Tribüne, um bei einer Verletzung der Hauptschiedsrichter einzuspringen.

Die Umsetzung erscheint schwierig bis unmöglich. Wer soll die Grenze zwischen schlechter Schiedsrichterleistung und Manipulation erkennen? Die Regeländerung ist ein Misstrauensvotum gegenüber den Schiedsrichtern. „Offensichtlich ist das Vertrauen der Verantwortlichen in die IHF-Schiedsrichter so groß, dass sie diese Maßnahme für erforderlich halten. Mich würde interessieren, wer das durchgesetzt hat“, sagt Gerd Butzeck, der als Geschäftsführer der Group Club Handball die Interessen der wichtigsten europäischen Klubs vertritt. Der niederländische Funktionär Jan Tuik sagt: „Ich würde nie einen solchen Wechsel durchführen.“ Eine Anwendung durch die Europäische Handball-Föderation (EHF) hält er für undenkbar. „Die EHF wird das mit Sicherheit nicht übernehmen.“ Auch Peter Rauchfuß, der ranghöchste DHB-Schiedsrichterfunktionär, kann es nicht glauben. „Das wird in Deutschland garantiert nicht passieren“, sagt Rauchfuß. „Wenn man die Schiedsrichter während eines Spiels vom Feld nimmt, dann ist das ja wie standrechtliches Erschießen!“ Erik Eggers

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false