zum Hauptinhalt
Raus aus der Illegalität, rauf aufs Trikot. Private Wettanbieter wie Bwin könnten künftig nicht nur auf den Hemden von Real Madrid (hier Karim Benzema gegen Barcelonas Gerard Piqué), sondern auch in der Bundesliga werben. Foto: Reuters

© REUTERS

Neue Regelung zum Glücksspiel: Machen Wetten den Profisport noch reicher?

An diesem Donnerstag wollen die Ministerpräsidenten das Glücksspiel in Deutschland neu regeln. Der Sport hofft auf viel Geld durch Sportwetten – doch es könnte anders kommen.

Berlin - Die Empörung stand schon in seinem Redemanuskript, aber erst Michael Vespers laute Stimme brachte sie richtig zum Ausdruck: „Wo leben wir denn?“, echauffierte sich der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in einer Rede vor der DOSB-Mitgliederversammlung vor knapp zwei Wochen in Berlin. „Wir sehen im Fernsehen ,Ein Platz an der Sonne‘ und die ,Aktion Mensch‘ und wir sollen nicht sagen dürfen, dass die Glücksspirale eine Rentenlotterie ist, die Gutes tut?“

Vespers Erregung ist leicht zu erklären. Es geht gerade um sehr viel Geld für den organisierten Sport in Deutschland, also für seine Vereine und Verbände. An diesem Donnerstag wollen sich die Ministerpräsidenten abschließend mit dem neuen Glücksspiel-Staatsvertrag befassen. Der bisherige Vertrag läuft aus und verstößt ohnehin gegen europäisches Recht. Für den Sport stehen bei diesen Verhandlungen Millionen auf dem Spiel.

Wie vertrackt die Lage ist, darüber hat sich auch Michael Vesper bei der DOSB-Mitgliederversammlung aufgeregt. „Die Glücksspirale fördert den Sport“, sollte auf einem Werbeplakat stehen. Doch die zuständige Aufsichtsbehörde, die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, verbot das Plakat. „Es handelt sich dabei um unzulässig anreizende Werbung“, sagt Steffen Pohlmann von der Senatsverwaltung. In Deutschland bestehe eben ein Lotteriemonopol. „Das lässt sich nur durch scharfe Grundsätze wie die Suchtprävention rechtfertigen. Ein Aufruf wie ,Spenden durch Spielen‘ geht daher nicht“, sagt Pohlmann. Vesper hat dafür kein Verständnis. Man solle ihm doch mal denjenigen zeigen, der durch die Glücksspirale spielsüchtig geworden sei: „Nicht Lotto macht süchtig, sondern die Tausenden und Abertausenden Daddelautomaten, die sich wie Geschwüre in unseren Städten ausbreiten.“

Die Glücksspirale wurde vor mehr als 40 Jahren gegründet, um die Olympischen Spiele in München finanziell abzusichern. Daraus ist eine Institution geworden, die dem Sport seither mehr als 600 Millionen Euro eingebracht hat. Nach Ansicht der Berliner Senatsverwaltung könnte der neue Staatsvertrag vielleicht eine größere Differenzierung bei der Werbung erlauben. Dann wäre auch ein solches Plakat der Glücksspirale erlaubt.

Von größter Bedeutung ist für den Sport im Staatsvertrag der neue Umgang mit privaten Sportwetten. Denn auch bei den Sportwetten besteht bislang ein staatliches Monopol. Legal ist nur der staatliche Anbieter Oddset. Doch dessen Umsätze brechen wegen unattraktiver Quoten immer weiter ein, neun von zehn Spielern schließen ihre Wetten lieber bei illegalen Anbietern im Internet ab. Damit entgehen dem Staat und dem Sport jedoch Millionen. Das soll der neue Staatsvertrag nun ändern. Zwanzig Lizenzen sollen an private Anbieter vergeben werden. Allein der Profifußball hofft in Deutschland auf zusätzliche Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe, wenn diese Anbieter auf Trikots und Stadionbanden werben dürfen.

Nur könnte dieses politische Spiel ohne Sieger enden. Große private Wettunternehmen halten den Vertragsentwurf von 15 Bundesländern für realitätsfern und wedeln außerdem mit Gutachten von Staatsrechtlern, die ihn nach wie vor für nicht konform mit europäischem Recht halten. Der Entwurf sieht vor, dass die Anbieter eine Lizenz nur dann bekommen, wenn sie fünf Prozent von jedem Wetteinsatz an den Staat abführen. Das finden Unternehmen wie Betfair unrentabel, und es könnte dazu führen, dass die großen Wettunternehmen lieber im Untergrund bleiben. Oder eine Lizenz in Schleswig-Holstein beantragen.

Denn das nördlichste Bundesland besteht bislang auf einem eigenen Gesetz. Dessen Inhalt passt den privaten Anbietern schon eher. Sie müssten dann 20 Prozent abführen – allerdings vom Bruttospielertrag, also der Summe, die nach Ausschüttung des Gewinns an den Wetter noch beim Unternehmen verbleibt. Michael Vesper und mit ihm die Sportverbände hoffen auf eine Einigung aller 16 Bundesländer. „Ein Flickenteppich hilft niemandem“, sagt er, „ es ist eine Illusion zu glauben, dass zwischen Schleswig-Holstein und dem Rest der Republik eine virtuelle Sportwetten-Grenze gezogen werden könnte.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false