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Sport: Neue Statik in Stuttgart

Der Pokalfinalist will unter die Top-5 der Liga.

Am 9. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 51. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 7: VfB Stuttgart

Was hat sich verbessert? Gefühlt alles. Was wohl nur ein Anhänger des VfB im ganzen Umfang nachfühlen kann. Zwei Jahre unter Präsident Gerd Mäuser und die Endphase von Dieter Hundt als Aufsichtsratschef (insgesamt elf Jahre) werden als dunkles Kapitel der Klubgeschichte empfunden. Seit der Wahl des ehemaligen Adidas-Managers Bernd Wahler herrscht Aufbruchstimmung. Fans, Sponsoren, das Umfeld atmen nun auf. Es mangelt nicht an Versprechen, vieles anders (sprich besser) zu machen. In Stuttgart genießt man die Sympathiebekundungen des neuen Chefs, der sagt: „Ich hab’ richtig Bock auf den Job.“

Wer sind die Stars? Alle müssen sich nach einer bescheidenen Saison vor ihrem Anhang neu beweisen. Das Pokalfinale gegen die Bayern hat Mut gemacht. Starpotential haben Sven Ulreich und Vedad Ibisevic. Dazu Alexandru Maxim und die neuen Mohammed Abdellaoue sowie der extrovertierte Moritz Leitner, der allerdings erst zeigen muss, dass er eine echte Verstärkung ist. Gespannt darf man auf Cacau sein, der nach langer Verletzung das Duell mit Ibisevic und Abdellaoue suchen muss, um in die Mannschaft zu kommen. Mit echten Stars tut sich der VfB schwer. Man würde eher von Führungsspielern sprechen: Christian Gentner, Martin Harnik, Georg Niedermeier.

Wer hat das Sagen? Der Einfluss von Bernd Wahler scheint besonders groß. Aber kann der 55-Jährige die Versprechungen auch halten? Angekündigt hat er die Rückkehr unter die Top fünf der Liga, vorsichtig die Champions League als Fernziel ausgegeben. Der Optimismus ist groß, Wahler präsentiert sich als kumpelhafter Typ mit Visionen. Sonst hat sich Manager und Neu-Vorstandsmitglied Fredi Bobic weit nach vorne gearbeitet. Er hat nicht nur an Einfluss gewonnen, er ist zu einer der entscheidenden Figuren geworden. Das Machtgefüge hat sich nach dem Rücktritt von Dieter Hundt in Richtung Vorstand verschoben. In Zukunft sind bei Entscheidungen keine Anrufe mehr bei Dieter Hundt notwendig, Bernd Wahler hat sich als Teamplayer bezeichnet, der zuhören und diskutieren will.

Was erwarten die Fans? Mehr Erfolge des Teams, attraktiveren Fußball, einen Klub, der sie ernst nimmt, obwohl sie damit schon weit gekommen sind, was die Wiedereinführung des alten Vereinswappens zeigt. Als die Abstimmung auf der Mitgliederversammlung gewonnen war, brach minutenlanger Jubel aus, es wurde sogar gesungen. Die Kurven-Atmosphäre war auch eine Machtdemonstration der Fans. Neu-Präsident Wahler hat Transparenz und mehr Demokratie versprochen. Zuhören sei so wichtig wie Leidenschaft. Und Mittelmaß nicht sein Ding. Dass „ich einer bin, der gerne angreift“ (Wahler) soll im sportlichen Bereich Niederschlag finden. Platz zwölf wie in der vergangenen Saison werden sich die Stuttgarter Fans nicht gefallen lassen.

Was ist in dieser Saison möglich? Im Geiste des neuen VfB hat Fredi Bobic das Ziel direkte Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb genannt. Damit kann er realistisch betrachtet nur die Europa League meinen. Schon um den Plan, unter die Top-5 zu kommen, umzusetzen, müssten den Stuttgarter mehr investieren. Doch dazu sind – glaubt man den jüngsten Zahlen – neue Geldgeber notwendig. Aktuell weist der VfB einen Verlust von 9,7 Millionen Euro aus. Man darf an dieser Stelle fragen, wie ein solch hoher Verlust zustande kommt, wo doch der Stuttgarter Weg aus Sparen bestand?

Und sonst? Denkt der Klub ernsthaft über eine Ausgliederung der Profiabteilung nach und will eine Art Berater-Kommission ins Leben rufen, die über die Strukturen des Klubs berät. Das würde für die etablierten Macher ein Stück Machtverlust bedeuten. Es wird spannend zu sehen sein, wie weit diese das zulassen. Dass etwas passieren muss, ist keine Frage. Jetzt muss und soll die neue Euphorie auch im Stadion zu spüren sein. Die Stuttgarter haben sich einiges vorgenommen. Oliver Trust

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