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Sport: Neue Visionen für die Schwimmer Der Norweger Madsen wird DSV-Sportdirektor

Berlin - Irgendwann redet Örjan Madsen auch noch mit den Händen. Er formt sie, presst sie aneinander, verknotetet seine Finger.

Berlin - Irgendwann redet Örjan Madsen auch noch mit den Händen. Er formt sie, presst sie aneinander, verknotetet seine Finger. Körpersprache, passend zu seinen bedeutungsschweren Sätzen. Madsen sitzt im Presseraum der Schwimmhalle an der Landsberger Allee, es ist 13 Uhr, und im Becken herrscht Ruhe. Die Finalläufe des Schwimm-Weltcups beginnen erst später. Jetzt hat Madsen, der 59-jährige Norweger, seine Bühne. Er wird hier als neuer Sportdirektor des Deutschen Schwimmverbands (DSV) präsentiert, als Nachfolger von Ralf Beckmann, und es wird schnell klar, dass hier einer Macht übernimmt, der in großen Dimensionen denkt. „Wir müssen in allen Bereichen Weltklasse sein“, sagt er. „Wir müssen von anderen lernen, wenn die etwas besser machen.“ Madsen wird konkret. Das Wettkampfsystem der deutschen Schwimmer ist ihm nicht ausgefeilt genug. Es müsse mehr Wettkämpfe geben. „Warum können Biathleten eine Woche vor Olympischen Spielen noch einen Weltcup absolvieren und Schwimmer nicht?“, fragt er, und wie er es sagt, ist die Antwort klar: Die Schwimmer könnten es, sie müssten nur ihre alten Denkweisen aufbrechen.

Madsen will von den Trainingsmethoden der Wintersportler lernen. Er ist offen für alles, und er verlangt von Trainern und Athleten, dass sie es auch sind. Madsen war jahrelang Trainer von Weltklasse-Schwimmern in Bonn und Hamburg. Der promovierte Sportwissenschaftler hat mit dem deutschen Trainer Michael Lohberg wegweisende Trainingsmethoden in Verbindung mit der Laktatmessung entwickelt, er hat vor den Winterspielen 2002 ein Höhentrainingsprogramm für alle norwegischen Wintersportler ausgearbeitet, und er hat einen norwegischen Weltklassekanuten betreut. In den vergangenen zehn Jahren arbeitete er vor allem für das Olympischen Komitee von Norwegen, „aber die deutsche Schwimmszene habe ich gut beobachtet“. Außerdem kennt er einige der deutschen Spitzentrainer seit Jahrzehnten. Manfred Thiesmann, den Bundestrainer, oder Horst Melzer, den Trainer der Olympiadritten Anne Poleska, zum Beispiel. Thiesmann ist glücklich über die Verpflichtung Madsens. „Eine hervorragende Lösung“, sagt er. „Er ist ein absoluter Fachmann, er wird sich durchsetzen.“ Thiesmann, Beckmann, Madsen und später dann auch der Hamburger Jürgen Greve bildeten vor vielen Jahren jenes Trainer-Quartett, das im deutschen Schwimmen Ideen einbrachte und für Innovation sorgte. Jahrelang unterrichtete Madsen auch an der Sporthochschule Köln, wo er promoviert hat, und an der Universität Bonn Sportmedizin, Trainingslehre und Schwimmen. Greve hatte denn auch einen entscheidenden Anteil an der Verpflichtung von Madsen. „Er hat mich angerufen, und so lange auf mich eingeredet, bis ich zugestimmt habe“, sagt Madsen.

Horst Melzer kennt den Norweger seit 30 Jahren. „Ich bin hocherfreut über diese Lösung. Die beste, die möglich ist“, sagt er. Gestern hatte Melzer dann auch noch seinen Auftritt, einen hochsymbolischen. Er war der schärfste Kritiker von DSV-Präsidentin Christa Thiel. Die habe zu wenig gemacht, um Beckmann im Streit über die Laufzeit für dessen neuen Vertrag zu halten, hatte er ihr vorgeworfen. Aber jetzt marschierte er zum Podium, als Madsen und Christa Thiel nach Ende der Präsentation des Norwegers aufstanden. Melzer streckte der verdutzten DSV-Präsidentin die Hand entgegen und sagte feierlich: „Ich gratuliere Ihnen zu dieser Lösung.“

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