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Sport: Neuer Trainer, alte Probleme

Thomas von Heesen hat mit Nürnberg schon zweimal verloren und sieht die Grenzen seines Einflusses

Der Präsident ist wohlweislich nicht in Bremen ausgestiegen und hat sich die Vorortbesichtigung des neuen Rückschlags für den 1. FC Nürnberg erspart. Statt mit der Chartermaschine, die die fränkische Entourage am Freitagnachmittag nach dem Uefa-Cup-Spiel direkt von Lissabon nach Bremen brachte, flog Michael A. Roth lieber nach Nürnberg zurück. Der Präsident verpasste absichtlich den Auftritt seines Clubs am Samstag im Bremer Weserstadion. „Es war doch klar, dass es bei Werder nichts zu holen gibt“, sagte Roth am Tag danach.

Am Montag hatten Roth und seine zwölfköpfige Gefolgschaft in Präsidium und Aufsichtsrat Trainer Hans Meyer entlassen. „Es geht um die Existenz“, sagte Roth, „einen Abstieg aus der Bundesliga können wir uns nicht leisten.“ Meyers Posten übernahm Thomas von Heesen, der Wunschkandidat der Nürnberger, der nach fünf Stunden Bedenkzeit zusagte. Nach nur zwei Spielen innerhalb von 43 Stunden wirkte der 46 Jahre alte von Heesen schon reichlich ernüchtert. Wegen des törichten Platzverweises von Ivan Sajenko (20.) sei die Bremen-Partie ein „Muster ohne Wert“ gewesen, klagte er hinterher. Sollte heißen: Weder das 0:1 im Uefa-Pokal bei Benfica Lissabon noch dieses 0:2 lieferten dem neuen Trainer sachdienliche Hinweise auf den Ausgang seiner Mission, die mit einem ziemlich schweren Rucksack beginnt. Wenn es auch am Donnerstag im Rückspiel gegen den portugiesischen Rekordmeister ganz ungünstig läuft, startet der neue Vordenker in Nürnberg mit drei Niederlagen in den vermeintlichen Neuanfang. „Ich kannte ja die Rahmenbedingungen: Inhaltliches Arbeiten ist derzeit nicht möglich“, gibt von Heesen zu bedenken, „ich habe die Dinge an der Taktiktafel erklärt.“ Mit welchem Effekt? „Ich spüre, die Mannschaft nimmt an, was man ihr sagt.“

Das war offensichtlich unter Meyer zuletzt nicht mehr der Fall. Der ehemalige Trainer habe zuweilen Kommunikationsprobleme mit den ausländischen Profis gehabt, gestand Roth gestern. „Der eine oder andere Spieler hat seinen Humor manchmal nicht ganz verstanden und als Beleidigung oder Rüge empfunden.“ Zudem habe der launische 65-Jährige sich zuletzt zu viele Feinde gemacht. „Er hat bei aller Freundschaft schon ein paar Eigentore geschossen“, sagte Roth.

Dem steht die aktuelle Mannschaft in nichts nach: Gegen arg biedere Bremer waren es neben Sajenko die fatalen Fehler von Jan Kristiansen, der freistehend vor dem Tor den Ball nicht traf, und Andreas Wolf, der Markus Rosenberg in der 30. Minute das 1:0 auflegte, die die neue Niederlage verursachten. „Ich erwarte, dass man den Ball nicht mit der Hacke klärt, sondern in so einer Situation auf die Tribüne haut“, klagte von Heesen über Wolfs Fehler. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie Hans Meyer in einem solchen Fall reagiert hätte. Hätte der Ligakomödiant wieder von Erschießung geredet oder den Sünder mit Ignoranz gestraft?

Thomas Von Heesen ist anders. Sachlicher, nüchterner, weniger emotional, weniger verletzend. Und doch unnachgiebig in der Sache. Deshalb ist Nürnbergs Manager Martin Bader überzeugt, in der Trainerfrage alles richtig gemacht zu haben, auch wenn die Umstände der Entlassung kritikwürdig bleiben. „Es war eine komplizierte Situation. Einen richtigen Zeitpunkt für eine Trainer-Entlassung gibt es nie“, sagte der Manager. Thomas von Heesen stehe für konzeptionelles Arbeiten. In diesen Tagen könne er noch nicht viel bewirken, aber zumindest die Mannschaft kennenlernen, erklärte Bader. Diese Phase muss rasch abgeschlossen sein, denn schon am kommenden Sonntag kommt es zum Kellerduell gegen Energie Cottbus. „Da brauchen wir ein Signal“, sagte Bader.

Roth formulierte es anders: „Von da an steht der neue Trainer in der Verantwortung.“ Dann wird der Präsident auch wieder wachsam auf der Tribüne sitzen.

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