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Neuer Chef in Köpenick. Norbert Düwel.

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Update

Neuer Trainer beim 1. FC Union: Norbert Düwel folgt auf Uwe Neuhaus

Der neue Trainer des 1. FC Union heißt Norbert Düwel. Der Nachfolger von Uwe Neuhaus bringt einen Hauch große Fußballwelt mit nach Köpenick, ohne gleich die Welt zu kosten.

Von Christian Hönicke

Eine Stunde nach der Vorstellung des neuen Union-Trainers freute sich Dirk Zingler sichtlich über seinen Coup. „Bisher gibt es keinen Shitstorm“, sagte der Präsident des Fußballzweitligisten nach dem Blick auf sein Handy, „die googeln alle erst noch.“ Wer sich für den 1. FC Union interessiert, der musste sich am Dienstag erst einmal informieren: Wer ist Norbert Düwel?

Mit dieser Frage hatte der Präsident den Dienstagmorgen an der Alten Försterei gleich selbst eingeleitet. Dann lieferte er selbst die Erklärung: Norbert Düwel ist der neue Cheftrainer des 1. FC Union. Er erhält einen Dreijahresvertrag und tritt die Nachfolge der Union-Legende Uwe Neuhaus an, der zwei Tage zuvor nach sieben Jahren mit Blumen und Tränchen verabschiedet worden war.

Bis zuletzt hatte der Verein aus Köpenick den Namen des neuen Übungsleiters geheim gehalten. „Wer redet, der fliegt“, so habe der Schwur der Trainerfindungskommission gelautet, sagte Zingler. Tatsächlich war die Öffentlichkeit bis zur letzten Minute ahnungslos – eine geheimdienstreife Leistung im ausgeleuchteten Profifußball. Die gelang wohl auch deshalb, weil Norbert Düwel selbst den meisten Experten vorher unbekannt war.

"Wir hatten 42 Bewerbungen aus aller Herren Länder"

Es ist nicht der große Name, auf den einige im Umfeld spekuliert hatten, kein Stanislawski oder Büskens. Nicht mal ein kleiner Name – Düwel ist überhaupt kein Name im Fußball. Ein „No-Name“, so bezeichnet er sich auch selbst. „Für uns ist es trotzdem ein großer Wurf“, befand Zingler. „Er ist ein absoluter Fußball-Fachmann.“ 42 Bewerbungen „aus aller Herren Länder“ habe man erhalten, sagte Zingler, „darunter waren große Namen, aber ich habe mich nicht ohne Grund dagegen entschieden“. Nach den Argumenten für Düwel befragt, erklärte Zingler: „Er ist hervorragend ausgebildet, und wer mich kennt, weiß, dass ich auf hochqualifiziertes Personal setze.“

Für Düwel ist Union eine Art bezahltes Praktikum in Liga zwei. Es ist seine erste Profistation als Cheftrainer, zuvor arbeitete er drei Jahre als Assistent von Mirko Slomka in Hannover. Wiederum davor verdingte sich der Familienvater aus Bayern zwei Jahre als Scout für Manchester United. Auf seine Dienste in England verwies Düwel durchaus selbstbewusst: „Wir waren in zwei Champions-League-Finals.“

Der 46-Jährige bringt also einen Hauch große Fußballwelt mit nach Köpenick, ohne vermutlich gleich die Welt zu kosten. Seine Spielidee dürfte in die Richtung des Slomka’schen Konterfußballs tendieren, der auf einer guten Fitness beruht. Er selbst beschrieb seine Vorstellung von gutem Fußball als Mischung aus dem englischen Spiel, das er schon als Kind geliebt habe, und deutschen Tugenden: „modern, taktisch sehr variabel, sehr hohes Tempo, gute Fitness“.

Bei Hannover 96 stand Norbert Düwel im Schatten von Mirko Slomka

Bei der Arbeit auf dem Platz gilt Düwel als Praktiker und recht kumpelhafter Typ, der ein feines Gespür für die Stimmungen im Kader hat. Zumindest abseits des Rampenlichts trat er dabei zwar durchaus selbstbewusst, aber auch stets ausgeglichen auf – ein Polterer vom Schlage Neuhaus’ ist Düwel jedenfalls nicht. Dirk Zingler betonte ausdrücklich, dass „die menschliche Seite“ ein wichtiges Kriterium bei der Verpflichtung Düwels gewesen sei.

Auch Eitelkeit kann man Norbert Düwel im Gegensatz zu vielen Kollegen nicht nachsagen. In Hannover ertrug er lange demütig die undankbare Rolle im Schlagschatten des öffentlichkeitswirksamen Cheftrainers Mirko Slomka. Doch in der Sache kann er hart werden. Am Ende überwarf er sich mit Slomka, weil Düwel die aus seiner Sicht nachlassende Fitnessarbeit kritisierte. Die spätere Entwicklung des Teams gab ihm recht. Nach Slomkas Entlassung machte er sich Hoffnungen auf dessen Posten, doch als Hannover ihn überging, entschied er sich, aus dem Dunkel zu treten und woanders als Cheftrainer anzuheuern.

Im Schatten zeigte Düwel aber bereits, dass er auch ein kluger Kopf ist, sehr analytisch vorgeht und die Mechanismen des Profifußballs mit gesunder Distanz durchschaut hat. Das passt zu Union, wie auch seine durchaus ungewöhnliche Vita, die unter anderem eine Trainerprüfung in der Schweiz, neun Jahre Sportdozententätigkeit an der TU München und auch die Arbeit als Skilehrer beinhaltet.

Auf Düwel wartet nun die Herausforderung, den ältesten Kader der Zweiten Liga zu verjüngen und fit für einen neuen Anlauf in Richtung Bundesliga zu machen. Dazu will er Nachwuchsspieler integrieren, aber auch neue Profis von außen holen. „Ich habe den Aufstieg in mir, aber ich habe keine Vorgaben, wann ich aufsteigen muss“, stellte Düwel klar. Das wollte Dirk Zingler noch einmal präzisieren. Es gehe nicht darum, den Aufstieg kurzfristig zu erzwingen, sagte der Präsident, aber aufsteigen dürfe Düwel natürlich. „Jederzeit. Wir werden Sie nicht daran hindern.“

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