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Sport: Nicht gut geschlagen

Die deutschen Tischtennisteams scheitern bei der Europameisterschaft in Dänemark schon im Viertelfinale

Noch ein paar Minuten saß Jörg Roßkopf in Gedanken versunken auf einem Stuhl, während seine Teamkollegen schon erste Interviews gaben. Es hat schon wieder nicht geklappt mit dem großen Traum des 35-Jährigen, einmal Tischtennis-Europameister mit der Mannschaft zu werden. Dreimal ist Roßkopf schon Zweiter geworden. Diesmal verpassten die Deutschen im dänischen Aarhus sogar eine Medaille. Sie verloren im Viertelfinale gegen Rumänien 1:3 und warten weiter auf den ersten Titelgewinn seit Bestehen dieser Veranstaltung. Zum traurigen Bild passte, dass die deutschen Damen im Viertelfinale scheiterten, ebenfalls 1:3 und ebenfalls an Rumänien.

Als die erste Enttäuschung überwunden war, sagte Roßkopf: „Mit einem 1:3 gegen Rumänien kann man nicht zufrieden sein.“ Die Deutschen waren immerhin als erklärte Favoriten nach Dänemark gereist. Das lag auch an ihrer guten Besetzung mit dem Weltranglistenvierten Timo Boll an der Spitze. Doch Boll konnte nur eines seiner beiden Einzel gegen Rumänien gewinnen. Seinem Angstgegner Adrian Crisan unterlag er mit 0:3-Sätzen. Die Rumänen hätten sie gar nicht „so richtig auf der Rechnung“ gehabt, räumte Herren-Bundestrainer Richard Prause ein. Es seien vorher auch keine Anzeichen für diese durchschnittliche Leistung zu erkennen gewesen.

Doch Boll sagte: „Ohne Top-Leistung gibt es eben eine Rasur.“ Im Gegensatz zu Roßkopf wirkte Boll allerdings nicht so niedergeschlagen. Mit 24 Jahren besitzt er noch mehrere Chancen auf diesen Titel. Trotz seiner Enttäuschung fand Boll noch etwas Gutes am frühen Ausscheiden: „Die Finalniederlagen 2002 und 2003 waren viel bitterer.“ Der in Aarhus an Nummer eins gesetzte Boll wird nun seine Chancen im Einzel suchen.

Für Roßkopf ist diese Niederlage viel schlimmer. Durch sein 0:3 gegen Constantin Cioti leitete ausgerechnet der Rekordnationalspieler im dritten Spiel das Ausscheiden der Deutschen ein. Zuvor hatte Vizeeuropameister Torben Wosik gegen Crisan chancenlos verloren. Immerhin darf Roßkopf nun auch im Einzel starten, nachdem er zwar nicht nominiert war, Lars Hielscher aber wegen einer Erkältung absagen musste. Cheftrainer Dirk Schimmelpfennig sieht trotz dieser Enttäuschung keinen Rückschritt im Team. Was bei der Weltmeisterschaft im letzten Jahr, als die Deutschen in Katar sensationell Zweite wurden, optimal gelaufen war, sei nun misslungen: „Dieselben Spieler, die 2004 gefeiert wurden, darf man 2005 nicht feuern.“

Die deutschen Spielerinnen haben dagegen für ihr Abschneiden bei den Europameisterschaften eine hübsche Regelmäßigkeit gewählt. Sie wiederholen einfach jede Platzierung einmal, dann ist alles wieder offen. 1996 und 1998 sind die deutschen Damen Europameister geworden, es folgten zwei zweite Plätze, und bei der EM vor zwei Jahren in Courmayeur schieden sie dann im Viertelfinale aus – so wie in diesem Jahr. Nach dem 1:3 gegen den Favoriten Rumänien spielen sie wie die Herren um die Plätze fünf bis acht.

Es war aber auch nicht so, dass die Damen keine Chance gehabt hätten, diese Regelmäßigkeit zu durchbrechen. „Wir hatten unsere Chancen, eine Medaille zu gewinnen, deshalb ist die Enttäuschung im Moment groß. Aber unsere junge Mannschaft lässt für die Zukunft hoffen“, sagte Elke Wosik. Die 31-Jährige war allerdings die Einzige, die gegen Rumänien überzeugen konnte.

Jörg Petrasch[Aarhus]

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