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Sport: Nicht sehr brasilianisch Marcio Amoroso erscheint pünktlich zum Trainingsauftakt

Dortmund. Marcio Amoroso, der Stürmerstar aus Brasilien, grinste.

Dortmund. Marcio Amoroso, der Stürmerstar aus Brasilien, grinste. Gerd Niebaum, der Präsident, lächelte, und was machte Matthias Sammer, der Trainer von Borussia Dortmund? Er blickte ein wenig verbissen drein, aber so kennt man ihn ja. Alle drei Männer freuten sich, je nach Temperament, über das Erscheinen Amorosos. Der Brasilianer war gegen seine Gewohnheit pünktlich zum ersten Arbeitstag nach den großen Ferien gekommen. Welch ein Erfolgserlebnis nach all den Irritationen, die es zuletzt zwischen dem Trainer und der Diva gegeben hatte.

Was hatte der zum Einwechselspieler degradierte Stürmer seinem Vorgesetzten in den Sommerferien nicht alles an den Kopf geworfen. Sammer habe ihn „in der Ehre verletzt“. Von diesem Trainer lasse er sich nicht die Karriere kaputtmachen. „Ich will unbedingt weg“, zeterte Amoroso. Und dann kommt er pünktlich auf die Minute zum Dienst, einfach so. „Wir konnten alle Spieler begrüßen, die erscheinen sollten“, sagte Niebaum. „Das war in den vorangegangenen Jahren nicht immer so.“ Am meisten schien den Geschäftsführer der börsennotierten Fußballfirma zu freuen, dass einige Journalisten ihre „vorbereiteten Storys“ würden umschreiben müssen. Nach einer nicht nur aus Amorosos Sicht verkorksten Spielzeit kann sich ein Vereinspräsident also auch über Kleinigkeiten freuen.

Der Trainer und die Diva, die beiden Herren von so unterschiedlichem Temperament, begrüßten einander mit höflichem Smalltalk: „Wie geht es der Familie? Sind alle gesund?“ Sammer kündigte an, ein längeres Gespräch werde bald folgen, in dem Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden sollten. Danach betrachte er den Streit als erledigt. „Wir dürfen kein Thema aufkommen lassen, das die anderen Spieler ablenkt oder ihnen als Alibi dient.“

Amoroso gab sich voller Tatendrang. Er habe sich am Strand bestens erholt und sei nun bereit, „eine großartige Saison zu spielen“. Wie es scheint, will er dieses Vorhaben als Angestellter des BVB angehen. Ein anderer Arbeitgeber hat sich nicht gefunden. Die meisten europäischen Klubs können oder wollen sich die Dienste des Torjägers nicht leisten. Dem Dortmunder Fußball-Unternehmen schwebt angeblich eine Ablösesumme in der Größenordnung von 20 Millionen Euro vor. So erscheint es beiden Seiten wirtschaftlicher, darauf hinzuarbeiten, dass Amoroso wieder die Form erreicht, die ihn in seinem ersten Dortmunder Jahr zum Torschützenkönig der Bundesliga gemacht hat. Sammer deutete an, den Dissidenten wieder in Ehren aufnehmen zu wollen. „Es geht nicht um mich oder um Marcio“, sagte Sammer. „Ich bin Profi und will möglichst viele Spiele gewinnen. Dafür brauchen wir Amoroso in guter Verfassung.“

Nicht nur für den neuerdings pünktlichen Stürmer gehen die Uhren anders. Die gesamte Mannschaft muss sich auf härtere Zeiten und Mehrarbeit einstellen. „Wir brauchen eine bessere körperliche Verfassung“, sagte Sammer. Wer nach 60 oder 70 Minuten noch Reserven abrufen könne, werde „auch im Kopf stärker“. Präsident Gerd Niebaum mahnte zudem einen höheren Unterhaltungswert an. Solches Mittelmaß wie in der Rückrunde der vorigen Saison dürfe sich nicht wiederholen. „Da wurde Fußball nur verwaltet, und das ist teilweise auch noch schief gegangen“, sagte Niebaum. „So etwas wollen die Leute nicht mehr sehen.“ Obwohl oder gerade weil alles anders, vor allem besser werden soll, bleibt Sammer sich treu. „Bevor wir über Attraktivität sprechen, müssen wir über Arbeit sprechen.“

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