zum Hauptinhalt

Sport: Nicht so sicher

Deutsche Fußballfans fühlen sich kriminalisiert

Der Frust bei Andreas Meyer ist gewachsen. Woche für Woche. „Wenn wir jetzt nichts tun“, sagt der in Frankfurt lebende Fan von Hansa Rostock, „dann müssen wir bald anmelden, wann wir unsere Fahne schwenken dürfen.“ Meyer ist einer der Organisatoren der Demonstration „Fußball-Fans im Abseits“. Zum Auftakt des Konföderationen-Pokals am kommenden Mittwoch in Frankfurt wollen mehr als 1000 Anhänger auf angebliche Polizeiwillkür und Repression aufmerksam machen. Man fühle sich missbraucht, klagt Meyer, „als Versuchskaninchen für die Hochsicherheits-WM“. Friedlich und farbenfroh soll die Demo ablaufen, aber die Polizei und das Organisationskomitee sind in Sorge. Dass drei Stunden vor dem Eröffnungsspiel der Demonstrationszug am Sitz des Deutschen Fußball Bunds (DFB) und des WM-Organisationskomitees (OK) vorbei zieht, gefällt dem OK-Abteilungsleiter Sicherheit, Helmut Spahn, überhaupt nicht. „Für den Verkehrsfluss ist das nicht ganz so gut.“ Und fürs Image auch nicht.

Nach dem Sicherheitskonzept von Innenminister Otto Schily gilt die Devise, die Stadien während der WM „zu den sichersten Orten der Welt“ zu machen. Dafür wird schon geprobt: Mehr als 500 Sicherheitskräfte und noch mehr Polizeibeamte sind schon zur Begegnung Deutschland gegen Australien im Einsatz, die selbst Spahn als „nicht sonderlich problematisch einstuft“. Um das Stadion sind zwei Sicherheitsringe gezogen, drei Einlasskontrollen hat jeder Besucher über sich ergehen zu lassen. Von „einer Hooligan- und Sicherheitshysterie“ spricht die Gemeinschaft „ProFans“, die feststellt, dass Polizei-Aktionen zuletzt dazu geführt hätten, friedliche Menschen in die kriminelle Ecke zu stellen.

Fest steht, dass sich die Beziehung zwischen Fußballfans und Sicherheitskräften bundesweit in den vergangenen Monaten spürbar verschlechtert hat. Selbst bei vermeintlichen Freudenfesten kam es zu Auseinandersetzungen: bei der Meisterfeier in München, der Aufstiegsparty in Frankfurt; auch in Bremen, Hamburg und Mainz häuften sich Klagen. Gemein ist allen Vorfällen, dass sich die einen ungerecht behandelt fühlten und die anderen ihr Handeln für gerechtfertigt hielten. Der DFB-Sicherheitsbeauftragte Alfred Sengle hat registriert, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Fans und Polizei zerrüttet ist. „Häufig genügt ein kleiner Anlass, um Solidarisierungseffekte auszulösen – dann wiegeln sich die Fans gemeinsam gegen die Polizei auf.“

Fans wie Andreas Meyer wollen den Konföderationen-Pokal und die WM nicht im Stadion erleben. „So denken 90 Prozent der Fans.“ Auch die umstrittene Kartenvergabe ist dabei ein großes Ärgernis. „Sponsoren, Vips und Funktionäre sollen ruhig die WM besuchen, aber das ist nicht mehr der Fußball, den wir haben wollen.“ Den Frust zu mildern, gilt als ausgesprochen schwierig. Beliebt unter den Anhängern ist derzeit ein T-Shirt, auf dem das WM-Maskottchen hinter Gittern zu sehen ist. Darunter heißt es: „Die Welt zu Gast – fühl dich wie im Knast.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false