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© AFP

Nicolas Kiefer: „Ich werde kämpfen“

Tennisprofi Nicolas Kiefer über Fitness und Ziele vor den US Open – und die Hilfe von André Agassi.

Herr Kiefer, Sie sind nach langer Verletzungspause zurück auf der Tennis-Tour. Wie zufrieden sind Sie bisher mit Ihrem Comeback?

Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach zwei Monaten schon so gut dabei bin. Ich war schließlich ein Jahr weg. Ich habe inzwischen viele gute Matches gespielt, auch gegen starke Gegner gewonnen. Trotzdem liegt noch viel Arbeit vor mir.

Was fehlt Ihnen denn noch?

Ich kann nicht erwarten, dass nach so kurzer Zeit wieder alles so ist, wie es mal war. Das wird bestimmt noch ein halbes oder ein ganzes Jahr dauern. Ich brauche vor allem Matchpraxis. Im Training läuft es schon viel besser als vor einigen Wochen, aber mir fehlt noch das Feintuning. Manchmal stehe ich zum Beispiel nicht richtig zum Ball. Daran arbeite ich.

Müssen Sie sich nach den guten Leistungen gegen einige Topspieler nicht doch selbst in Ihrer Erwartungshaltung bremsen?

Ich bin ein ehrgeiziger Sportler und verlange natürlich auch einiges von mir. Aber ich muss mich zwingen, Geduld zu haben und mir die Zeit zu geben, die ich brauche. Das war für mich im letzten Jahr eigentlich der größte Erfolg, dass ich diese Geduld aufgebracht habe. Natürlich will ich wieder nach oben kommen, aber die Situation ist schwierig, weil ich bei Turnieren nicht mehr gesetzt bin. Den Luxus hatte ich früher, aber da muss ich mich jetzt durchkämpfen.

Bei den US Open wäre in der zweiten Runde mit Nikolaj Dawidenko der Weltranglistenvierte Ihr Gegner…

Es ist nicht mehr so, dass ich bei einem Grand Slam einige Runden weiter schauen kann. Ich muss jetzt Gegner für Gegner nehmen und der heißt jetzt zunächst mal Vince Spadea. Die Statistik spricht klar für ihn, aber es waren immer enge Matches. Er ist für mich ein unangenehmer Gegner, weil er ähnlich spielt wie ich. Manchmal wirkt er etwas lustlos, aber plötzlich ist er dann doch da.

Was spricht denn für Sie?

Von der Fitness her kann mich keiner schlagen. Ich bin ganz sicher, dass keiner der 127 anderen Spieler in New York gerne gegen mich spielt. Die wissen, dass ich um jeden Ball fighte. Das mögen sie nicht, und das ist mein Bonus. Es ist schwer, mich zu schlagen.

Sie galten schon immer als besonders fit. Haben Sie Ihr Fitnesstraining noch verschärft?

Normalerweise will ich bei Turnieren nach den Matches meine Ruhe, aber jetzt habe ich hinterher immer noch eine Trainingseinheit eingelegt. Man lernt mit dem Alter eben dazu. Ich stehe jetzt vielleicht weniger auf dem Platz, tue dafür aber mehr für meinen Körper. Seit meiner Verletzung wurde mir klar, dass ich da umdenken muss. Das habe ich von André Agassi gelernt.

Inwiefern?

Er hat mit zunehmendem Alter auch immer größeren Wert auf Fitness gelegt und war damit erfolgreich. Ich habe mir während meiner Pause viele Matches von ihm angeschaut, er spielte ja genauso wie ich, aggressiv und mit viel Risiko. Wir haben ein paar Mal telefoniert, und er hat mir immer Mut gemacht.

Sie haben in dieser Woche fast ausschließlich mit Topspielern wie Andy Roddick, Novak Djokovic oder Roger Federer trainiert. Haben Sie sich etwas abgeschaut?

Vor allem wollte ich sehen, wo ich ungefähr stehe. Roger hat zu mir gesagt: ‚Wenn du so spielst, ist es egal, wo du gerade im Ranking stehst. Dann bist du eh bald wieder vorne dabei.’ Das klingt gut, aber es zählen nur die Ergebnisse. Ich will mich aber nicht unter Druck setzen, den Fehler habe ich früher oft gemacht.

Haben Sie sich trotzdem Ziele gesteckt?

Wenn ich keine Ziele vor Augen hätte, würde ich etwas anderes machen. Ich habe nichts zu verlieren. Egal, wie es steht, ich werde kämpfen. Ich weiß, was ich kann, und dass ich die Gegner schlagen kann. Ich muss einfach wieder in meinen Spielfluss hereinkommen, dann wird das ein Selbstläufer.

Das Gespräch führte Petra Philippsen.

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