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Akrobatisch. Kai Haase bei Night of the Jumps.

© Imago

Night of the Jumps: Motocross-Fahrer Kai Haase: "Das Unmögliche möglich machen"

Am Freitag und Samstag macht die "Night of the Jumps"-Tour Halt in Berlin. Wir haben mit dem deutschen Motocross-Freestyler Kai Haase gesprochen.

Die "Night of the Jumps"-Tour ist die inoffizielle Weltmeisterschaft der Motocrosser. Sie führt die Freestyler über vier Kontinente - von Berlin über Brasilien und China nach Australien. Motorrad-Akrobaten aus acht Nationen sind bei der einzigen Serie auf Dirt in ganz Europa dabei. 500 Tonnen Sand wurden für das Event in die Berliner Mercedes-Benz-Arena gebracht - wie im vergangenen Jahr. Kai Haase ist einer von wenigen Deutschen, die dabei sein werden. Unsere Schülerpraktikanten haben sich vor dem Start (Freitag um 20 Uhr) mit dem 27-Jährigen unterhalten.

Herr Haase, Sie sind ja Motorcross-Freestyle-Profi. Sind Sie das geworden, weil Sie besonders risikofreudig sind?

Wir betreiben den Sport ja nicht, um uns zu verletzen. Wir fahren ja auch kein Auto, um Autounfälle zu bauen (lacht), sondern wir wollen auf dem Motorrad Spaß haben, durch die Lüfte fliegen und die Grenzen austesten. Wir probieren, das Unmögliche möglich zu machen. Das ist der Reiz, jedes Jahr neue Tricks zu lernen.

Haben Sie manchmal Angst bei besonders schwierigen Sprüngen?

Angst ist ein schwieriges Wort in diesem Sport. Wer Angst hat, sollte es eigentlich sein lassen. Wenn man zum Beispiel vom Zehnmeterturm herunterspringen will und Angst hat, dann macht man es nicht. Das ist beim Motorcross-Freestyle genauso. Ich würde es eher als Respekt beschreiben, nicht als Angst. Dieser Respekt bewahrt einen vor Verletzungen oder vor sinnlosen Sachen.

Hatten Sie denn schon mal eine schwerere Verletzung?

Joa, geht so (lacht).

Also?

Ich hab` mal meinen Fuß ziemlich zertrümmert. Da sind jetzt noch ein paar Schrauben drin. Ich merk` das immer noch, aber das passiert. Ich sag` es mal so: Ich verletze mich lieber bei sowas, bei dem ich was erlebe, anstatt dass ich eine Treppe herunterfalle und mir irgendetwas breche.

Jetzt steht ja das "Night oft the Jumps" an, das ein riesiges Event in der Arena am Ostbahnhof sein wird. Denken Sie, dass Sie dort Siegchancen haben?

Also in dem normalen Freestyle-Contest nicht, da sind andere Fahrer, zum Beispiel Luc Ackermann besser. Der wird ganz vorne mitmischen. Ich werde bei den anderen zwei Disziplinen, bei den Side-Acts, bei den wir das Motorrad im Flug in eine Richtung und wieder zurückdrehen und beim Synchro-Contest, bei dem zwei Fahrer dasselbe bei einem Sprung ausführen, probieren, mein Bestes zu geben.

Welche Disziplin liegt Ihnen am meisten?

Auf dem Motorrad zu sitzen und zu fahren, das gefällt mir am besten (lacht). Aber worin ich am besten bin? Ich denke der Whip, also der Site-Act, liegt mir ziemlich gut, wobei da auch immer ein Gegner ist, der mich schlägt. Es ist immer wieder ein anderer, aber es ist immer einer, der noch vor mir ist. Trotzdem bin ich schon einer der Favoriten in dieser Disziplin.

Lässig. Kai Haase neben seinem Motorrad.
Lässig. Kai Haase neben seinem Motorrad.

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Was war denn in Ihrer Karriere bisher das Highlight?

Als das größte Highlight in meiner Karriere würde ich "Das Supertalent" bezeichnen, da bin ich ins Halbfinale gekommen. Das war 2013 und ansonsten hab` ich eigentlich jedes Jahr ein Highlight. 2018 bin ich zum Beispiel nach Amerika geflogen und bin dort ein Motorcross-Rennen gefahren; das war ein Kindheitstraum von mir. Das Jahr davor habe ich einen "Body Varial" gestanden. Da habe ich mich vom Motorrad in der Luft gelöst und mich selbst um 360 Grad gedreht, das Motorrad wieder gefasst und bin auf ihm gelandet. Das war auf jeden Fall auch ein Highlight.

Wie lang brauchen Sie denn ungefähr, um einen Trick zu lernen? Man fängt ja nicht direkt mit einem Vorwärtssalto an…

Nein (lacht). Man übt die Tricks eigentlich im Kopf. Wenn der Kopf sagt, wir machen das jetzt, dann passiert das meistens. Wenn dein Kopf ein wenig zweifelt oder denkt, das könnte nicht hinhauen, kann es auch sein, dass man einen Trick niemals lernt. Falls wir neue Tricks üben, bei denen wir uns zum Beispiel vom Motorrad lösen, dann üben wir die über einer 15 mal 15 Meter großen Schaumstoffgrube. In der Grube sind ganz viele Schaumstoffwürfel, wie man sie auch aus einer Sporthalle kennt. Jetzt habe ich aber ein neues Luftkissen, das genauso groß ist. Darauf landet man dann sanfter, aber das heißt nicht, dass man sich dabei nicht verletzen kann. Man kann z.B. unter dem Motorrad landen oder das Motorrad auf einem drauf. Das kann dann schon wehtun und man kann sich trotzdem noch etwas brechen. Bei diesem Sport besteht immer eine Gefahr.

Wie oft trainieren Sie in der Woche?

Da ist jeder Fahrer für sich selbst verantwortlich und zuständig. Ich trainiere am liebsten unter der Woche, so drei Mal. Am Wochenende ist meistens eine Veranstaltung. Man sollte aber nicht zu viel trainieren oder üben, weil es sonst ein wenig in Arbeit ausartet. Dann kann es sein, dass man hier und da ein paar kleine Fehler macht, weil man nicht komplett fokussiert und konzentriert ist. Das sind dann immer blöde Fehler. Deswegen probiere ich, dass ich so zwei bis drei Stunden pro Training fahre und am Wochenende dann eben die Veranstaltung mitmache.

Wann ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass Sie ein großes Talent für diesen Sport haben?

Puh, (lacht). Ich habe mit zweieinhalb Jahren angefangen, Motorcross zu fahren, weil mein Vater früher Motorcross gefahren ist. Mit 16 hatte ich dann die Chance über Freestyle-Rampen zu springen und ab dem Jahr hab` ich dann festgestellt, dass man damit Geld verdienen kann. Danach habe ich dann noch meine Ausbildung beendet, also ordentlich, das war 2013. Das war der Punkt, an dem ich aus meinem großen Hobby meinen Beruf machen konnte.

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Oscar Wilms, Vincent Petzold

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