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Raus mit Applaus. Pal Dardai und sein Co-Trainer Rainer Widmayer auf Abschiedstournee.

© Imago/Koch

Noch vier Spiele als Hertha-Trainer: Pal Dardai will sich letztes schönes Bild verdienen

Die Berliner enttäuschen gegen Hannover 96 – die Fans feiern Pal Dardai trotzdem. Derweil waren die Spieler darauf bedacht, nichts Falsches zu sagen.

Am späten Sonntagabend ließ sich wunderbar beobachten, was ab Sommer fehlen wird bei Hertha BSC: Pal Dardais Mitteilungsbedürfnis sowie die Gabe, nette Geschichten erzählen zu können – und das auch gern zu tun. Nach dem 0:0 gegen den Tabellenletzten Hannover 96 sollte der Trainer des Berliner Bundesligisten ausführen, wie er die Gesänge und Banner wahrgenommen hat, die ihm der harte Kern in der Ostkurve widmete.

Es war eine simple Frage nach dem Gefühlsleben des Ungarn, der in der Osterwoche frühzeitig aus dem ursprünglich bis 2020 laufenden Vertrag entbunden worden war. Die meisten seiner Kollegen hätten ein paar Belanglosigkeiten gesagt und dann wäre es auch gut gewesen. Dardai dagegen tat das, was er nachweislich gut kann: er plauderte erstmal drauf los, ohne Punkt und Komma.

Im Wohnzimmer seines Hauses in Westend, das fußläufig zum zweiten Wohnzimmer, zum Olympiastadion liegt, habe die Familie extra eine Wand weiß gelassen, erzählte Dardai; an besagter Wand sollen eines Tages Erinnerungsfotos ihren Platz finden. Eine großformatige schwarz-weiß Aufnahme der Ostkurve, die den Trainer in seinem letzten Spiel als Profi abfeierte, ist bereits im Besitz der Familie.

„Irgendwann werden wir noch ein anderes schönes Bild dazuhängen“, sagte Dardai und meinte eines von seinen letzten Auftritten als Verantwortlicher der Profi-Mannschaft. „Natürlich ist es schön, wenn die Fans dich mögen und deinen Namen rufen“, ergänzte er noch, „aber das muss man sich verdienen.“

Dardais Aussagen unterhaltsamer als das Spiel

Im konkreten Fall hatten Herthas Spieler relativ wenig dazu beigetragen, Anerkennung von den Rängen zu bekommen. Ihre Darbietung war nicht ansatzweise so unterhaltsam wie später die Ausführungen ihres scheidenden Trainers und mündete folgerichtig in einem auch in der Höhe verdienten 0:0-Unentschieden. Gerade in der ersten Halbzeit fehlte es dem Berliner Spiel vor 38 916 Zuschauern an vielem: Zielstrebigkeit, Tempo, Tiefe – und ganz besonders an konzentrierten Abschlüssen. Marko Grujic besaß zwei gute Gelegenheiten, genau wie Salomon Kalou später in Halbzeit zwei.

Einer von uns. Die Hertha-Fans feierten Pal Dardai mit Spruchbändern.
Einer von uns. Die Hertha-Fans feierten Pal Dardai mit Spruchbändern.

© Imago/Hilse

Allerdings gab es noch eine andere Lesart für das torlose Remis zwischen dem abgeschlagenen Letzten und dem seit 2. März sieglosen Tabellenelften: Wenn es richtig blöd gelaufen wäre, hätten die 96er Berlin am Ostersonntag durchaus als Sieger und mit drei Punkten im Gepäck verlassen können. „Wir waren nicht die bessere Mannschaft“, sagte Trainer Thomas Doll, „aber wir hatten unsere Chancen.“ Kurz vor der Pause zum Beispiel, als Rune Jarstein im Hertha-Tor einen Schuss von Waldemar Anton mit den Fingerspitzen an den Pfosten lenkte.

„Wenigstens haben wir einen Punkt geholt“, sagte Vedad Ibisevic später, „das ist besser als gar kein Punkt.“ Herthas Kapitän zählte zu den wenigen Profis, die offenbar beim selben Spiel zugegen gewesen waren wie die knapp 40 000 zahlenden Zuschauer. Am Ende einer ereignisreichen Woche waren die meisten Beteiligten im blau-weißen Trikot darum bemüht, nur nichts Falsches von sich zu geben.

Lazaro diente als abschreckendes Beispiel

Womöglich diente ihnen der Fall Valentino Lazaro als abschreckendes Beispiel: Der Österreicher, normalerweise gesetzte Stammkraft, hatte zuletzt häufiger die Einstellung der Mannschaft kritisiert und fand sich am Sonntag nicht mal im Kader wieder. Dardai selbst sprach von einer „Denkpause“.

Abgesehen von den handelsüblichen Floskeln seiner Kollegen – „viel vorgenommen“, „Chancen nicht genutzt“, „Schritt in die richtige Richtung“ – lieferte Ibisevic zumindest ein paar Einblicke in das Innenleben der Mannschaft. „Dass wir nicht vor Selbstbewusstsein strotzen, kann sich nach den letzten Wochen natürlich jeder vorstellen“, sagte der Bosnier nach dem nunmehr sechsten sieglosen Spiel in Serie. „Wir Spieler haben im Moment mit uns zu kämpfen, weil wir einfach nicht gut gespielt haben“, ergänzte Ibisevic. „Und dann kam noch die Nachricht mit Pal, die wir auch erstmal verarbeiten mussten.“

Zum Schluss richtete Ibisevic den Blick dann nach vorn – auf die letzten vier Spiele der Saison 2018/19. „Wir müssen das jetzt noch vernünftig zu Ende bringen“, sagte er. Und ein paar Bilder liefern, die im Kopf hängen bleiben – und natürlich im Wohnzimmer der Familie Dardai.

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