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Hamburger SV - Werder Bremen

© dpa

Nordderby: HSV - Werder: Pöbeleien, Schmähungen, Spuckattacken

Verbale Angriffe gegen Tim Wiese, "Hurensöhne"-Rufe, Spuckattacken gegen Polizisten - das Nordderby zwischen Bremen und dem HSV war ein weiterer Beleg, dass von den Appellen für Fairpay und Respekt nach Robert Enkes Tod nicht viel geblieben ist.

Von Christian Otto

Die gellenden Pfiffe und verunglimpfenden Schmährufe strafte er mit Nichtachtung. Tim Wiese, der selten ein Fettnäpfchen auslässt, gelang es auf für ihn untypische Art, die verbalen Tiefschläge gegen ihn zu ignorieren. Der oft provozierende und polarisierende Torhüter des SV Werder Bremen musste sich zähneknirschend damit arrangieren, nach der 1:2 (0:2)-Niederlage beim Hamburger SV als Trottel des Tages beschimpft zu werden. „Ohne Wiese fahr’n wir zur WM“ – das war noch eine der harmloseren Botschaften, mit denen der in fremden Stadien meist unbeliebte Werder-Profi in den Weihnachtsurlaub verabschiedet wurde.

Das Nordduell zwischen dem HSV und Werder ist selten ein normales Fußballspiel. Und doch darf es als letzter Beleg dafür dienen, dass Spieler und Fans in der Bundesliga erschreckend schnell wieder im ganz normalen Wahnsinn angekommen sind. „Jetzt können wir in Ruhe Weihnachten feiern“, sagte HSV-Profi David Jarolim nach dem hart umkämpften Heimsieg, dessen Begleitumstände er nicht erwähnte. Sechs Wochen nach dem Selbstmord von Robert Enke und einem Appell aller Beteiligten, der Tod des Torhüters von Hannover 96 möge zu mehr Besonnenheit, Fairplay und Respekt anregen, war schon wieder alles wie immer.

Die Profis des HSV, durch die Rivalität mit Werder angestachelt und entsprechend zweikampfreudig, erledigten im Schneegestöber vor 57.000 Zuschauern rustikal ihre Arbeit. Die Anhänger von Werder wurden als Hurensöhne beschimpft. Polizisten, so ist es in dem Bericht vom Sonntag vermerkt, sind beleidigt und bespuckt worden. Dass Wiese beim 2:0 des HSV ein wenig voreilig das Tor verlassen hatte und durch einen Lupfer von Marcell Janssen überlistet wurde, empfanden viele im Stadion als Geschenk des Schicksals. Der Bremer wurde bei jeder Aktion, auch wenn es sich nur um einen ganz normalen Abschlag handelte, gnadenlos ausgepfiffen.

Nach einem Spiel, das die Bremer trotz eines Platzverweises für HSV-Profi Jerome Boateng in der 32. Minute nicht mehr zu ihren Gunsten wenden konnten, machte der Sieger kein Geheimnis aus seiner Genugtuung. Joris Mathijsen etwa, der die Hamburger mit einem Kopfball früh in Führung gebracht hatte, sah endlich die alte Rechnung aus der vergangenen Saison beglichen. „Man muss fair bleiben. Aber die Bremer haben die Fresse ganz schön weit aufgerissen“, sagte der Abwehrchef des HSV und meinte die Demütigungen aus der vergangenen Saison, als Werder dem Nord-Rivalen in drei Wettbewerben ein Bein gestellt hatte. Mathijsen und Co. sprachen, und das hatte nichts mit der bitteren Kälte im Stadion zu tun, von einer eiskalten Rache an Werder und Wiese.

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