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Sport: Nordischer Triathlon

Nach Springen und Langlauf überholen Ackermann und Kircheisen die Konkurrenz in der Schlussabfahrt

Irgendeine unangenehme Botschaft musste Hermann Weinbuch über das Funkgerät mitgeteilt worden sein. Doch der Bundestrainer der Nordischen Kombination wollte es nicht hören, nicht nach diesem dramatischen Rennen. „Egal, egal“, schrie er aufgeregt in das Mikrophon, „der Acker vorm Kirchi!“ Dann jauchzte er laut und lange.

Der Bundestrainer feierte einen deutschen Doppelsieg bei der Nordischen Skiweltmeisterschaft in Oberstdorf: Ronny Ackermann darf sich nach dem Einzelwettbewerb mit einer Goldmedaille schmücken, Björn Kircheisen bekam eine Silbermedaille umgehängt. „Erst auf der Zielgeraden war mir klar, dass wir gewinnen“, sagte Hermann Weinbuch. Nach fast 15 Kilometern im Langlauf hatten sich die Deutschen 300 Meter vor dem Ziel auf einer längeren Abfahrtsstrecke an Felix Gottwald vorbeigeschoben. Der Österreicher überquerte 3,2 Sekunden nach dem Sieger die Ziellinie. Der große Favorit, der Finne Hannu Manninen, landete nach einer schwachen Sprungleistung nur auf Rang neun.

„Das ist der größte Erfolg in meiner Karriere“, sagte Ackermann, obwohl er diesen Titel vor zwei Jahren schon einmal gewonnen hatte. Doch die besonderen Umstände dieses Wettbewerbes machten diesen Sieg ungewöhnlich. „Es war der verrückteste Tag in meinem Leben“, sagte Ackermann. So hatte das Skispringen dreieinhalb Stunden gedauert, weil der zweite Durchgang wegen widriger Witterungsbedingungen wiederholt werden musste. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagte der Bundestrainer, „zwischen saugut und sauschlecht war alles drin.“ Dass es Ersteres wurde, lag schließlich an einer starken taktischen Leistung Ackermanns im Langlaufen.

So ließ er beim Schlussanstieg absichtlich einen kleinen Abstand zu den beiden Führenden aufreißen. „Ich habe eine Lücke gelassen, damit ich für die Abfahrt Schwung holen konnte“, erklärte der 27-Jährige. Zudem profitierte er von sehr gut präparierten Ski. „Ich habe immer gesagt, dass wir Ski brauchen, die einen Tick schneller sind als die vom Rest der Welt“, sagte Weinbuch. Seine Läufer haben sie bekommen.

Die Grundlage für den Erfolg hatten die beiden Deutschen allerdings im Springen gelegt, das kurios verlief. Zu Beginn musste der deutsche Kombinierer Tino Edelmann disqualifiziert werden, weil sein Sprunganzug den zulässigen Wert im Bauchbereich um einen Zentimeter überschritt. Als die übrigen deutschen Springer, die noch auf dem Schanzenturm standen, von diesem Problem hörten, ließen sie noch schnell ihre Anzüge enger nähen, um einer Disqualifikation sicher zu entgehen. „Weil es hier eine Weltmeisterschaft ist, hatten wir zum ersten Mal die Nähmaschine mit an der Schanze“, berichtet Ronny Ackermann. So konnte Kotrainer Frank Erlemann die Maschine anwerfen. „Er ist unsere Nähfrau“, sagte Ackermann, „er näht zwar krumm, aber die Anzüge passen.“

Von der Wiederholung des zweiten Durchgangs profitierten Kircheisen und Ackermann, die jeweils auf 92 Meter sprangen, während der große Favorit Hannu Manninen mit 84,5 Metern patzte. Statt wie nach dem annullierten Durchgang mit lediglich sechs Sekunden Vorsprung auf den läuferisch starken Finnen startete Ackermann nun eine Minute und zwölf Sekunden vor seinem großen Konkurrenten. „Die Ausgangsposition ist sehr gut“, sagte Ackermann nach dem Springen. Von Rang zehn aus ging er in die Loipe, Björn Kircheisen folgte einen Platz hinter ihm.

Bundestrainer Weinbuch glaubt, dass die ersten Medaillen dieser WM auch die Skispringer und Langläufer mitreißen können: „Ich hoffe, dass nun der richtige Spirit reinkommt.“ Und außerdem: Wann schlägt ein Deutscher in der Abfahrt schon einmal einen Österreicher? Vielleicht können sich sogar die Alpinen ein Beispiel an Ackermann nehmen.

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