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Sport: Nüchtern ins Finale

Eintracht Frankfurt konzentriert sich nach dem Sieg über Bielefeld sofort wieder auf die Bundesliga

Da stillt die Frankfurter Eintracht eine fast zwei Jahrzehnte währende Sehnsucht und doch ist keine rauschende Party erlaubt: Als sich am gestrigen Morgen gegen neun Uhr die Fußballprofis der Frankfurter Eintracht im feudalen Hotel Lindner ans reichhaltige Frühstücksbuffet begaben, hatte niemand kleine Augen. Und keiner einen Kater. Wie brave Knaben bei der Klassenfahrt hockten Patrick Ochs und Marco Russ, die Jungprofis der Eintracht, am Tisch, blätterten in den Zeitungen, lugten verstohlen aus den Glasfenstern auf den Main. „Um zwölf Uhr waren alle im Bett“, berichtete Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen, „ein Bier muss in unserer Situation reichen.“

Unmittelbar nach dem Einzug ins DFB-Pokalfinale, dem mühsamen wie unansehnlichen 1:0 gegen Arminia Bielefeld dank eines frühen Tores von Ioannis Amanatidis, hatte Trainer Friedhelm Funkel mit bemerkenswerter Strenge reagiert. Gerade hatte er noch zugelassen, dass die von 50 000 Fans ekstatisch gefeierten Protagonisten wie Kinder über den Rasen trollten und in schwarze T-Shirts mit dem Aufdruck „Berlin, wir kommen“ schlüpften, da gab der Fußball-Lehrer auch schon wieder den Mahner. „Wir fahren jetzt schnell ins Hotel, gehen früh schlafen, pflegen unsere Wunden, und dann wird am nächsten Morgen trainiert.“

In der Tat bat Funkel seine Spieler gestern um elf Uhr bei Nieselregen und empfindlicher Kühle auf den Trainingsplatz. „So etwas habe ich eigentlich noch nie gemacht, aber es geht in unserer Situation nicht anders. Im Moment zählt nur die Partie am Samstag gegen Mainz.“ Natürlich freue er sich auf das Finale, sagte Funkel, der als Spieler mit Bayer Uerdingen 1985 den Pokal gegen die Bayern gewann und ihn als Trainer des MSV Duisburg 1998 gegen die Münchner verlor. Aber: „Wir denken in keiner Weise an den Uefa-Cup“, denn allein der Klassenerhalt sei „die Krönung“.

Im Inneren empfindet es der 52-Jährige, der gerne mal ins Frankfurter Partyleben eintaucht oder nach Köln zum Karneval braust, als „sehr schade, dass wir das nicht genießen können.“ Funkel hätte das Pokal-Endspiel in Berlin – wie sonst gewohnt – als nette Zugabe nach der Saison genossen, nun aber steigt vier Tage nach dem auf den 29. April vorgezogenen Finale Frankfurts mögliches Abstiegsendspiel gegen Kaiserslautern.

Auch als Bruchhagen gestern am Trainingsplatz noch einmal Rede und Antwort stand („Wir haben etwas Historisches erreicht, denn wir hatten schwere Jahre hinter uns“), stand ihm keine überbordende Begeisterung ins müde Gesicht geschrieben. „Ehrlich gesagt, ist der Klassenerhalt für uns wichtiger.“ Nur Torschütze Amanatidis, wieder einmal Matchwinner der spielerisch derzeit merkwürdig limitierten und arg ersatzgeschwächten Eintracht, jubilierte noch ein bisschen: „Ich bin überglücklich. Wer hätte sich vor der Saison schon vorstellen können, dass wir in den Uefa-Cup kommen könnten.“ Und auch Peter Fischer, der Sunnyboy-Präsident, fiel am Tag darauf noch allen willfährig in die Arme: „Das ist ein historischer Tag. Vor zwei Jahren standen wir noch in Aue – jetzt in Berlin. Das ist einfach geil.“

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