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Fifa-Präsident Joseph Blatter (r.) und Generalsekretär Jerome Valcke.

© dpa

Nummer zwei der Fifa suspendiert: Eins vor Blatter: Warum Jerome Valcke gehen muss

Jerome Valcke, Nummer zwei der Fifa, stürzt über eine filmreife Affäre mit Geldkoffern und Codewörtern. Ist auch Präsident Joseph Blatter verwickelt?

Jerome Valcke hält sich fit. Wer den charmanten Franzosen von Auftritten für die Fifa kennt, mit Silberlocken, Brille und Anzug, der erkennt den Generalsekretär kaum wieder, wenn der 54-Jährige mit Trainingshose und Turnschuhen durch die Zentrale des Weltverbandes schlendert, zum angeschlossenen Fitnessstudio. Viele Fifa-Mitarbeiter lästern zwar gerne, wenn Valcke vorbeischreitet. Doch Präsident Joseph Blatter hielt immer große Stücke auf seine Nummer zwei. Bis jetzt.

Nun muss sich Valcke ein neues Fitnessstudio suchen, das Fifa-Gelände in Zürich wird er jedenfalls nicht mehr betreten. Der zweitwichtigste Fußball-Funktionär der Welt sei auf unbestimmte Zeit suspendiert, teilte der Weltverband am Donnerstagabend knapp mit, die Ethikkommission ermittele nun gegen Valcke. Die Fifa-Spitze reagierte auf die Vorwürfe einer Agentur, der Generalsekretär habe sich an Ticketverkäufen bereichern wollen.

Die Agentur erhebt auch Vorwürfe gegen Blatter

Damit räumt der Weltverband indirekt ein, dass auch die eigenen Angestellten – in diesem Fall sogar der zweitoberste – korruptionsverdächtig sind. Die Fifa kann nun nicht mehr alle Skandale auf ihre Unterverbände schieben. Näher kann ein Einschlag Blatter gar nicht kommen als bei seinem Vertrauten Valcke. Gleichzeitig beschuldigt dieselbe Marketingagentur, die jetzt Valcke gestürzt hat, auch den Fifa-Chef, Schmiergeld verlangt zu haben.

Valckes Anwalt wies die Anschuldigungen als „frei erfunden“ und „ungeheuerlich“ zurück. Die Fifa verteidigte nur ihren Präsidenten und nannte die Vorwürfe „falsch, boshaft und verleumderisch“. Neuer Generalsekretär ist nun Stellvertreter Markus Kattner. Da Valcke sich im Februar 2016 mit seinem Chef Blatter zurückziehen wollte, wird er kaum ins Amt zurückkehren. Die Frage ist, was den beiden danach strafrechtlich blühen könnte.

Doch es ist so schon bemerkenswert genug, dass es jetzt Jerome Valcke erwischt hat. Bisher hatte er den Spitznamen „Teflon“, weil in elf Jahren Fifa kein Vorwurf wirklich an ihm hängen blieb. Selbst als der Weltverband den früheren Sportjournalisten Ende 2006 feuerte, weil er gerichtlich erwiesen Sponsoren belogen hatte, kam Valcke zum Unverständnis vieler ein halbes Jahr später zurück und wurde gleich zum Generalsekretär befördert. Offenbar hatte der Experte für Rechtehandel einen Wert oder ein Wissen, das nur sein Chef Blatter zu schätzen wusste.

Opferte Blatter Valcke, um sich selbst zu schützen?

Das hat sich offenbar geändert, jedenfalls ist die Suspendierung von Valcke eine Entscheidung, die nur von ganz oben getroffen werden kann, sagen Kenner, also von Blatter selbst. Um sich selbst zu schützen? Die Vorwürfe seien nicht neu gewesen, heißt es, sie hätten das Fass nur zum Überlaufen gebracht. Der interne Druck für Valcke war hoch, weil am Teflon zuletzt doch einiger Schmutz hängenblieb. Vor allem Ermittler aus den USA sollen Valcke im Visier haben, weil er angeblich zehn Millionen US-Dollar in die Karibik weiterleitete, mutmaßlich Schmiergeld.

Nun ist der Generalsekretär über eine agentenfilmreife Affäre gestürzt, mit Geldkoffern, USB-Sticks und Codewörtern. Doch sind die Whistleblower dubios, weil selbst verwickelt. Die Schweizer Agentur JB Sports Marketing hatte am Donnerstag mehrere Medien nach Zürich geladen und USB-Sticks mit Verträgen, E-Mails und Ticketkopien vorgelegt. Es ging um den Handel mit WM-Karten, ein undurchsichtiges Geschäft, gegen das der Schwarzmarkt transparent wirkt. Weil sie mit der Fifa und ihrer Tochterfirma Match bisher vergeblich um verlorene Tickets und Millionen gefeilscht hätten, gingen sie nun den Schritt an die Öffentlichkeit, teilten die Agenturchefs vor Ort mit.

Ein Koffer voller Bargeld stand angeblich bereit

Bis zur WM 1990 reichen ihre umfangreichen Unterlagen zurück, doch waren augenscheinlich nur die Vorwürfe gegen Valcke mit Verträgen und Mails unterfüttert. Es geht dabei um 2400 Premium-Tickets für die WM 2014, die Valcke der Agentur im Alleingang zugeschustert und dafür die Hälfte des Profites von vier Millionen US-Dollar verlangt haben soll. Der Fifa-Generalsekretär habe von seinem „Pensionsfonds“ gesprochen und von „Dokumenten“, angeblich ein Codewort für Schmiergeld. Die Agenturchefs zeigten einen Reisekoffer voller Bargeld, der für Valcke bereitgelegen habe. Geld ist aber am Ende wohl nie in seine Tasche gewandert. Auch interessant: Valcke habe im April 2010 gesagt, die WM 2022 gehe nach Katar, acht Monate vor der Vergabe.

Die Vorwürfe gegen Blatter sind noch vager. Die Rechtehändler versichern eidesstattlich, ihr früherer Agenturkollege habe 2003 zwei Millionen Euro eingefordert, als persönliches Dankeschön für Joseph Blatter, angeblich für Ticketpakete für die WM 2006 in Deutschland. Die Rache von Rechtehändlern oder die Realität? Gehen muss musste bisher jedenfalls nur einer: die Nummer zwei, Jerome Valcke.

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