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Sport: Nur beim Springen hebt er ab Michael Neumayer rettet die deutschen Skispringer

Vielleicht muss man wie Michael Neumayer ein gelernter Steuerfachangestellter im Büro seines Vaters sein, um auf folgendes Detail Wert zu legen. Nach dem größten Erfolg seiner Karriere erklärte der Oberbayer auf dem Podium eines Hotels in Garmisch-Partenkirchen: „Ich stelle mich nicht hin und sage, ich bin Deutschlands bester Skispringer.

Vielleicht muss man wie Michael Neumayer ein gelernter Steuerfachangestellter im Büro seines Vaters sein, um auf folgendes Detail Wert zu legen. Nach dem größten Erfolg seiner Karriere erklärte der Oberbayer auf dem Podium eines Hotels in Garmisch-Partenkirchen: „Ich stelle mich nicht hin und sage, ich bin Deutschlands bester Skispringer.“ Stattdessen stellt er sich hin und sagt: „Ich bin Deutschlands bestplatzierter Skispringer im Weltcup.“ Was eigentlich dasselbe ist.

Der 28 Jahre alte Michael Neumayer ist zurzeit Deutschlands bester Skispringer, aber er ist bodenständig genug, um das nicht herauszustellen. Seinen dritten Platz im Neujahrsspringen von Garmisch-Partenkirchen feierte er als willkommenen Ausreißer nach oben. „Ich habe eine Menge Dusel gehabt, das kann auch schnell wieder in die andere Richtung gehen“, sagt er. „Ergebnisse um Platz zehn herum sind für mich auch schon gut.“ Doch im Gesamtklassement der Vierschanzentournee, das vor dem dritten Springen am Freitag in Innsbruck von Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern (beide Österreich) sowie Janne Ahonen (Finnland) angeführt wird, folgt der Deutsche auf Platz fünf. Auch diesen Fakt betrachtet Neumayer nicht als das wahre Kräfteverhältnis. Er rechnet damit, in Innsbruck zurückzufallen. „Ich habe keine Panik, dass ich diesen Platz verteidigen muss“, sagt er, „und von Verbesserung kann überhaupt keine Rede sein.“

Allerdings hätte sich Neumayer keinen besseren Zeitpunkt für das beste Ergebnis seiner Karriere aussuchen können. „Ich hoffe, dass das jetzt eine kleine Zündung für das gesamte Team war und dass es noch ein schöner Winter wird“, sagt er. Womöglich retten seine Leistungen bei der Vierschanzentournee sogar den Posten des umstrittenen Bundestrainers Peter Rohwein, der am Tag danach nur freundliche Worte für ihn fand. „Er ist ein angenehmer Typ, ein Sonnyboy, es macht großen Spaß, mit ihm umzugehen“, sagte Rohwein. Als Gegenbeweis für die deutschen Strukturprobleme im Skispringen kann Neumayer, der im Stützpunkt Oberstdorf trainiert, allerdings nur bedingt dienen. Zu eigenwillig und kurvenreich ist seine Entwicklung verlaufen.

Erst mit 13 Jahren fing der Berchtesgadener mit dem Skispringen an, fünf Jahre später intensivierte er seine Ambitionen. Mit 21 Jahren gelang ihm der Sprung in den B-Kader, ein Jahr später gewann er den Continental-Cup, die Zweite Liga des Skispringens. „Da habe ich gesehen, dass ich auch im Weltcup springen kann.“ Doch die großen Erfolge blieben aus, einmal wurde er sogar wieder in den B-Kader zurückgestuft. Von der Einführung des Bodymass-Index im Jahr 2002 profitierte der 1,81 Meter große und 67 Kilogramm schwere Neumayer. „Bei den Skispringern bin ich vom Gewicht her ein Sumo-Ringer, wenn der Bodymass-Index nicht eingeführt worden wäre, wäre ich heute nicht mehr Skispringer.“

Und noch ein Ereignis prägte seine Karriere. Als er sich in der vergangenen Saison das rechte Kreuzband riss, schien es, als könne er sich fortan ganz auf sein BWL-Studium konzentrieren. „Da habe ich mir überlegt, ob ich hinschmeiße“, sagt Neumayer. Doch sein Kollege Jörg Ritzerfeld, der nach einem Kreuzbandriss zurückgekehrt ist, habe ihm Mut gemacht. Er arbeitete im Sommer hart an seinem Comeback, fand neue Motivation. Nun springt er weiter als je zuvor. Und das, obwohl er den Kreuzbandriss hatte. „Nein“, sagt Neumayer, „ich springe weiter, weil ich diesen Kreuzbandriss hatte.“ Noch so ein nicht unwichtiges Detail.

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