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Sport: Nur die Hymne fehlt Ein Star der Deaflympics: Linda Neumann aus Berlin

Berlin - Das einzige Ärgernis gab es bei der Siegerehrung – weil Linda Neumann ihr Hörgerät nicht tragen durfte. „Dabei ist die Hymne doch das Schönste bei einer Siegerehrung“, sagt die Berlinerin.

Berlin - Das einzige Ärgernis gab es bei der Siegerehrung – weil Linda Neumann ihr Hörgerät nicht tragen durfte. „Dabei ist die Hymne doch das Schönste bei einer Siegerehrung“, sagt die Berlinerin. Abgesehen von dieser Anekdote dürfte die Sportlerin vom TSV Zehlendorf 1888 jedoch mit Wohlwollen auf die zurückliegenden Tage blicken. Denn bei den Deaflympics, den olympischen Spielen für Gehörlose, hat Neumann an zwei Tagen zwei Medaillen gewonnen. Über 400 Meter Freistil holte sie in Sofia in neuem deutschen Gehörlosenrekord (4:42,26 Minuten) Silber, am Tag darauf ließ sie über 400 Meter Lagen Bronze folgen, persönliche Bestzeit inklusive (5:19,92). „Ich habe das noch immer nicht realisiert“, sagt die 20-Jährige, die nur dank eines Hörimplantats hören kann.

Nach ihren jüngsten Erfolgen konnte Neumann gestern einen Ruhetag einlegen, ein Besuch im Leichtathletik-Stadion stand auf dem Plan. Von den Eindrücken in Bulgarien ist sie bislang aber enttäuscht. „Mit Taipeh 2009 ist das nicht vergleichbar. Taipeh war genau wie Olympia bei den Hörenden“, sagt Neumann, „ein unvergessliches Erlebnis“. Nur eben nicht so erfolgreich wie in diesem Jahr.

2010 war Neumann bei der EM als beste Nachwuchsschwimmerin ausgezeichnet worden, mit einer Bronzemedaille bei der WM 2011 in Portugal drängte sie in die Weltspitze der Gehörlosen, während sie für ihren Heimatverein in der 2. Bundesliga schwamm. In Sofia ist sie nun endgültig vom Talent zum Star aufgestiegen.

„Dabei hatte ich eigentlich gar keine Lust mehr auf Training“, sagt Neumann. Wegen der frühen Sommerferien in Berlin fuhren fast alle aus ihrer Trainingsgruppe in den Urlaub, Neumann trainierte in der wichtigen Phase vor den Spielen stets allein, die Familie fungierte als Zeitnehmer am Beckenrand, „dafür bin ich dankbar“.

Mittlerweile ist Neumann kaum mehr allein. Sobald sie einen Moment für sich ist, kommt jemand aus der deutschen Delegation und gratuliert zu ihren Erfolgen. Sogar die Sportschau hat schon über die Berlinerin berichtet. „Ich habe das Gefühl, dass die Leute mich besser kennen. Sie wissen Bescheid und sagen, das ist Linda. Das ist wirklich schön", sagt Neumann.

Damit sie den Leuten im Gedächtnis bleibt, sollen weitere gute Ergebnisse folgen, wobei es für eine Goldmedaille wohl kaum reichen wird. Die gewinnen in der Regel Chinesinnen, Ukrainerinnen oder Russinnen, also die Vollprofis, die für eine Medaille schon mal 100 000 Euro oder mehr bekommen. Nicht vergleichbar mit Neumann, die trotz sieben Einheiten pro Woche eine Ausbildung zur Tierpflegerin macht. Und genau die bereitet ihr im Moment Sorgen. Am Montag fliegt Neumann zurück, am Mittwoch steht die Abschlussprüfung an. „Und da kann ich den Prüfern leider nicht meine Medaillen auf den Tisch legen und hoffen, dass das zum Bestehen reicht“, sagt sie. Nico Feißt

Nico Feißt

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