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Sport: Nur keinen Druck

Haile Gebrselassie will Weltrekord laufen – aber im Moment redet er nicht so gern darüber.

Sie haben ihm seine Startnummer in die Hand gedrückt, auf der HAILE steht. Er soll die Nummer vor die Brust halten, befehlen die Fotografen in dem Berliner Hotel. Haile Gebrselassie lacht, er spielt natürlich mit. Dann soll er auch noch den Daumen heben. Macht er auch. Er kassiert viel Geld für seinen Start beim Berlin-Marathon, so ein PR-Auftritt gehört zu seinem Vertrag.

Also müsste er beim nächsten Stichwort eigentlich regelrecht ins Erzählen kommen. „Weltrekord“ sagt jemand. Jeder weiß, dass Haile Gebrselassie den Weltrekord des Kenianers Paul Tergat verbessern will. Tergat lief 2003 genau 2:04:55 Stunden, der Äthiopier Gebrselassie erreichte 2006 in Berlin 2:05:56 Stunden. Im Sommer sagte er sogar, sein Traum sei 2:03:00 Stunden. Jetzt sagt er: „Man kann leicht etwas sagen. Aber in Wirklichkeit sieht es anders aus. Warten wir bis Sonntag.“ Also, zweiter Versuch. Welche Erwartungen hat er an diese Strecke? Sie ist für einen Weltrekord ideal. Aber Gebrselassie sagt bloß: „Ja, wenn man die Statistik anschaut, sieht man, dass viele ihre Bestzeiten hier verbessert haben.“

Da ist nichts zu spüren von diesem Weltklasseläufer, der sonst immer so spielerisch gelassen von neuen Rekorden redet und der im Juni noch Weltrekorde über 20 Kilometer und über eine Stunde erreicht hatte. Irgendwann an diesem Nachmittag ist ihm das Verwirrspiel selbst zu blöd. Da sagt er endlich, dass er hier Weltrekord laufen will. Aber das Timing ist wohl auch ein Zeichen dafür, dass er hier keinen übergroßen Druck aufbauen will. Denn 2006 hatte er die letzten Kilometer unter enormen Schmerzen allein absolvieren müssen, weil die Konkurrenz längst abgehängt war. Auch deshalb hatte er den Weltrekord verpasst. Und jetzt musste Sammy Korir, der Kenianer, der zweitschnellste Marathonläufer aller Zeiten (2:04:56), verletzt kurzfristig absagen. Gerade mit Korir wollte Gebrselassie die letzten Kilometer absolvieren. „Du brauchst jemanden, der Dich auf den letzten Kilometern pusht“, sagt er. Der 34-Jährige hat die Schmerzen nicht vergessen. „Oh ja, es war hart“, sagt er. Deshalb erhöhte er sein Trainingspensum auf 250 Kilometer pro Woche. „Ich habe längere Läufe als Vorbereitung gemacht, aber ich denke, dass ich nicht an Schnelligkeit eingebüßt habe.“

14 Weltrekorde hat Haile Gebrselassie bisher auf der Bahn aufgestellt, „da“, sagt er, „habe ich die Erfahrung, wie man Bestzeiten erreicht“. Beim Marathon aber, da hat er sie nicht. Berlin ist erst sein achter Marathon. Vielleicht ist dieser Punkt auch ein Grund für die ungewöhnliche Zurückhaltung des Haile Gebrselassie an diesem Tag.

12 bis 18 Grad wünscht er sich, keinen Wind, keinen Regen, dann wäre alles optimal. Dann ist vielleicht sogar ein Weltrekord möglich. Die Wetteraussichten sind ganz zufrieden stellend. 14 bis 18 Grad, leicht bewölkt, vielleicht fällt noch der eine oder andere Regentropfen. Aber den wird er im Zweifel noch verschmerzen.

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