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Sport: Nur weg mit all dem Geld

Es war ein Sinnbild der Goldgräberstimmung, die in dieser völlig verrückten Nachsaison auf dem Baseballspielermarkt herrscht. Im Chirurgenhemd und an ein EKG angeschlossen auf seine Herzoperation wartend, griff Jim Hendry, der Manager der Chicago Cubs, noch schnell zu seinem Handy und besiegelte den Einkauf von Schlagmann Ted Lilly für 40 Millionen Dollar.

Es war ein Sinnbild der Goldgräberstimmung, die in dieser völlig verrückten Nachsaison auf dem Baseballspielermarkt herrscht. Im Chirurgenhemd und an ein EKG angeschlossen auf seine Herzoperation wartend, griff Jim Hendry, der Manager der Chicago Cubs, noch schnell zu seinem Handy und besiegelte den Einkauf von Schlagmann Ted Lilly für 40 Millionen Dollar. Der Einkauf trieb die Gesamtausgaben des ehemaligen Meisters Chicago – in der vergangenen Saison die schlechteste Mannschaft der National League – auf 304 Millionen Dollar seit Saisonende. Aber die Cubs sind nicht die einzige Mannschaft, die anscheinend einem weihnachtlichen Kaufrausch verfallen war. Insgesamt gaben die Baseballteams in den vergangenen acht Wochen mehr als 900 Millionen Dollar für neue Spieler aus. So viel Geld ist auf dem Markt, dass ein Spielerberater sagte: „Was vor einer Woche noch als völlig utopischer Preis angesehen wurde, ist in dieser Woche akzeptabel.“

Der Markt wird angeheizt von Zuschauerrekorden im vergangenen Jahr und von Rekordumsätzen im Rechteverkauf an traditionelle so wie neue Medien. Satellitenradio, Internet, Lizenzvergaben und Auslandsrechte haben so viel Cash in die Taschen der Baseballteams gespült wie noch nie zuvor. Das Kuriose dabei ist, dass es kaum Spieler auf dem Markt gibt, die so viel Geld wert sind. Die Topbaseballer sind beinahe ausnahmslos mit langfristigen Verträgen an ihre Klubs gebunden. Alfonso Soriano und Barry Zito waren in diesem Herbst die einzigen verfügbaren Superstars. Ob sie die abstrusen Beträge von 136 beziehungsweise 126 Millionen Dollar auch verdienen, die die Cubs und die San Francisco Giants für sie hingeblättert haben, müssen die beiden jedoch noch beweisen. Doch wie es scheint, sind die Teambesitzer derzeit aus einem einzigen Grund dazu bereit, viel Geld auszugeben – weil sie es haben. So zahlten die Kansas City Royals 55 Millionen Dollar für den völlig unauffälligen Werfer Gil Meche, die L. A. Dodgers kauften für 44 Millionen Dollar Juan Pierre, der nach Expertenmeinung eindeutig schlechter ist als der Spieler, den er verdrängt. Und selbst Barry Bonds, der wegen seiner Dopingskandale eigentlich verdorbene Ware ist, wurde von seinen San Francisco Giants für 16 Millionen Dollar ein weiteres Jahr beschäftigt.

Vielleicht beruhigen sich die kaufwütigen Baseballbosse jetzt nach den Feiertagen ja wieder. Auspacken dürfen sie die Weihnachtsgeschenke, die sie ihren Teams gemacht haben, erst zum Saisonbeginn im Frühjahr. Und dann wird es wohl so manche Enttäuschung geben.

An dieser Stelle erklären die US-Korrespondenten Matthias B. Krause und regelmäßig Phänomene aus dem amerikanischen Sport.

Sebastian Moll

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