zum Hauptinhalt
Kuscheln kann er auch. Peter Schröcksnadel (l.) mit Hopsi, dem Maskottchen der Alpinen-Ski-WM in Schladming 2013, für die sein Verband verantwortlich war.

© Imago

ÖSV-Präsident im Porträt: Peter Schröcksnagel - der Bernie Ecclestone der Alpen

Bei den Winterspielen in Sotschi waren Österreichs Skifahrer eine eigene Macht. Seit 25 Jahren führt sie ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel mit umstrittenen Methoden zum Erfolg.

Der Österreichische Skiverband (ÖSV), rühmt sich, weltweit führend zu sein. Bei den Winterspielen in Sotschi holte er allein neun Alpin-Medaillen. Doch irgendwann, noch zu Hansi Hinterseers Rennläuferzeiten, ist eine einzigartige, jahrzehntelang geheim gehaltene Panne passiert.

Ein mobiler, teurer Schlepplift, der beim Sommertraining den Skirennfahrern als Aufstiegshilfe gedient hatte, wurde auf dem Dachsteiner Gletscher vergessen, eingeschneit und von Trainern und Funktionären im darauf folgenden Frühjahr nicht mehr gefunden. Bis die Verbandsherren von einem „Verrückten“ namens Peter Schröcksnadel erfuhren, dem der Ruf nacheilte, mit einer Sonde und magischen Händen sowohl Lawinenopfer als auch verschüttete Autos in Nord- und Südtiroler Bergen geortet zu haben.

Der Verrückte wurde vom ÖSV kontaktiert und seinem Ruf gerecht. Die anwesenden Augenzeugen staunten. Nichts ahnend, dass es dank des kleinen, drahtigen Mannes, der den Lift ortete und aus den Schneemassen holte, Jahre später mit dem gesamten Skiverband bergauf gehen würde.

Der Kauz mit der Sonde ließ sich zunächst zur ehrenamtlichen Mitarbeit beim ÖSV überreden. Und elf Jahre später zur – ebenfalls ehrenamtlichen – Präsidentschaft. Der Verband war zu diesem Zeitpunkt, 1989, dermaßen im finanziellen Engpass, dass es im letzten Weltcup-Drittel nicht einmal möglich war, alle Spitzenfahrer zu Rennen zu entsenden. Unter Schröcksnadel wurde alles anders. Dank ihm ist das Budget heute in Euro fast doppelt so hoch, wie es bei seinem Einstieg als Präsident in Schillingen war. Es beträgt etwa 40 Millionen Euro.

Schröcksnagel erfand das Wetter- und Panorama-Fernsehen

Der Mann hatte auch ohne Sonde eine Witterung fürs Geld. Als innovativer Geschäftsmann genauso wie als Sportfunktionär. Der kleine Tiroler erfand das Wetter- und Panorama-Fernsehen. Auch sein Pistenleit- und Sicherheitssystem ließ er sich weltweit patentieren. Auf neun mit Seilbahnen und Kunstschneepisten bestückten Bergen ist er inzwischen der Hauptaktionär. Darunter am Innsbrucker Patscherkofel, auf dem seinen Rennfahrern 1999 im Weltcup-Super G der legendäre Neunfach-Triumph gelang, als neun Österreicher auf unter ersten neun waren.

Anders als andere Präsidenten will Schröcksnadel, 72 Jahre alt, dass seine Athleten so viel wie möglich verdienen. Anders als andere Präsidenten trainiert er selbst noch dermaßen ehrgeizig, nämlich täglich, dass er es immer wieder schafft, Senioren-Ski-Weltmeister zu werden. Anders als andere Sportpräsidenten scheut er trotz Kritik auch nicht davor zurück, selbst das Management seines jeweiligen Stars zu übernehmen. Das war bei Hermann Maier so, als der Ausnahmeathlet via Schröcksnadels Vermittlung zur rasenden Raiffeisen-Litfaßsäule wurde. Und das wiederholt sich jetzt beim Slalomweltmeister Marcel Hirscher, der ebenfalls für die Bank mit dem Giebelkreuz gut honorierte Werbung macht.

Schröcksnagel: Das Vorbild, das immer wieder in den Fettnapf tritt

Schröcksnadel hat bei allem, was mit Skisport zusammenhängt, in Österreich das letzte Wort. Und das ist beim Skisport, einem Nationalstolz der Österreicher, eine ganze Menge. Der ÖSV veranstaltet selbst, der ÖSV vermarktet selbst. Der ÖSV achtet darauf, dass nur der staatsnahe Fernsehsender ORF im Bilde ist und dass das auflagenstärkste Printmedium der Alpenrepublik, die Kronen-Zeitung, als Hauptsponsor artig und umfangreich über Skisport berichtet.

Für so manch ausländischen Ski-Präsidenten ist der Alpen-Ecclestone, wie er in Anlehnung an den Formel-1-Chef genannt wird, zum Vorbild geworden. Obwohl Schröcksnadel immer wieder gehörig in den Fettnapf tritt. So hat er im ganzen Ötztal Kopfschütteln ausgelöst, als er dessen Kooperation mit dem US-Skiteam – Bode Miller wirbt für Sölden, Lindsey Vonn und Ted Ligety trainierten in Sölden – als „österreich-feindlich“ kritisierte. Es sei unpatriotisch, das amerikanische Team zu unterstützen.

Und zumindest der moderner denkende Teil Österreichs war verwundert, als sich Schröcksnadel im Zusammenhang mit Putins schwulenfeindlichen Gesetzen sagte: „Mir ist es auch lieber, es wird für Familien geworben, als für Homosexualität.“ Dass er sich medial ungern bis gar nicht beraten lässt, hatte er schon 2006 bei den Olympischen Spielen bewiesen, als er, der angeblich größte Doping-Gegner, bei einer internationalen Pressekonferenz im italienischen Sestriere wie der größte Sünder dastand, indem er den Doping-Skandal rund um die österreichischen Biathleten zu bagatellisieren versuchte mit den Worten: „We are a too small country for good doping.“

Einen Widersacher ließ Schröcksnagel von einem Detektiv beschatten

Vor Gericht haben sich Schröcksnadel und sein ÖSV in Italien nach jahrelangem, teurem, juristischem Geplänkel durchsetzen können. Und ähnliche Ausdauer zeigte der streitbare Ski-Boss bei seiner Auseinandersetzung mit dem langjährigen Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC) Heinz Jungwirth.

Der schlitzohrige Wiener Jungwirth war dem sturen Tiroler Schröcksnadel zu keck geworden. Worauf der Ski-Präsident den international bestens vernetzten ÖOC-Generalsekretär von einem Detektiv beschatten und – auffliegen ließ.

Weil Jungwirth mit zu vielen Euros zu sorglos umgegangen war, wurde er zu 60 Monaten Haft verurteilt. Seither gehört Häftling Jungwirth in der niederösterreichischen Strafanstalt Hirtenberg der Putzbrigade an. Der Mann, der 2007, nachdem die Winterspiele an Sotschi und nicht an Salzburg vergeben waren, empört sagte: „Da haben Leute entschieden, die von Wintersport keine Ahnung haben. Wenn man weiß, was alles hinter der Bühne läuft, dann sind wir stolz, dass wir das nicht brauchen. Das war sicherlich eine Bewerbung des Geldes.“

Wolfgang Winheim

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false