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Sport: Offizielle Gewissheit

Die Staatsanwaltschaft München erhebt Anklage gegen Bayern-Präsident Uli Hoeneß.

München - Ulrich H., wie er vom Landgericht München bezeichnet wird, hatte keinen Erfolg mit seiner Selbstanzeige vom Januar dieses Jahres. Diskret wollte er eine unangenehme Angelegenheit aus der Welt schaffen: 3,2 Millionen Euro, die seit Jahren auf seinem Konto in der Schweiz lagen, sollten versteuert werden. Uli Hoeneß, das ist der geläufige Name des Mannes, outete sich den Finanzbehörden als Steuerbetrüger – in der Hoffnung, anonym zu bleiben, hätte er eine hohe Ablasszahlung geleistet. Die Selbstanzeige aber war nicht vollständig oder kam zu spät. Zudem drang der Name des Bayern-Präsidenten trotz Steuergeheimnisses an die Öffentlichkeit.

Nun ist offiziell, was lange vermutet worden war: Die Staatsanwaltschaft München II hat Anklage erhoben wegen Steuerhinterziehung und diese Uli Hoeneß zugestellt. Zugleich teilt die Staatsanwaltschaft mit, dass es „keine weiteren Einzelheiten zum Anklagevorwurf“ geben werde. Der Fall liegt jetzt bei der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts, die über die Aufnahme eines Verfahrens entscheidet. Es gilt als sicher, dass es zum Prozess kommt. Zuerst aber erhalten die Anwälte von Hoeneß Zeit, sich zu äußern. Ende September ist mit einer Gerichtsentscheidung über die Eröffnung des Verfahrens zu rechnen.

Was erwartet den Mann, der in den letzten Monaten von der moralischen Instanz zum Steuerkriminellen gefallen ist? Muss er gar hinter Gitter? Tatsachen gibt es kaum. Der „Spiegel“ etwa wollte schon vor zweieinhalb Wochen wissen, dass der Fußball-Strippenzieher mit einer Bewährungsstrafe davonkommen werde. Denn die Hinterziehung von 2,3 der 3,2 Millionen Euro sei bereits verjährt – und ins Gefängnis käme man erst bei einem Betrag von über einer Million.

Mit diesen wenig konkret ausgeführten Annahmen werden aber viele Schritte im Verfahren Hoeneß übersprungen. Zunächst verliest die Staatsanwaltschaft zu Prozessbeginn die Anklage. Dann wird verhandelt. Und am Ende des Verfahrens wird eine konkrete Strafhöhe gefordert – an die sich das Gericht natürlich nicht halten muss. Es ist also noch sehr vieles unsicher in diesem Fall, außer dass der Gerichtssaal bei einem Verfahren aus allen Nähten platzen wird. Zudem ist der große Saal A 101 im Münchner Strafjustizzentrum durch den NSU-Prozess zwei Jahre blockiert.

Auch ist offen, ob der 61-Jährige aus dem schwäbischen Ulm seinen Präsidenten-Posten wird behalten können. Nicht nur Fans und viele andere Bürger stehen hinter Hoeneß, sondern auch einige der neun Aufsichtsratsmitglieder der FC Bayern München AG. Hoeneß ist der Vorsitzende dieses Gremiums, um ihn herum scharen sich mächtige Bekannte, die bislang zu ihm standen: etwa die Vorstandsvorsitzenden von VW, Audi und Adidas - Martin Winterkorn, Rupert Stadler und Herbert Hainer; oder Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber und „Focus“-Herausgeber Helmut Markwort.

Hainer schließt nicht aus, dass der Aufsichtsrat auch bei einem Prozess seinen Vorsitzenden stützt. Auch wenn sie ihn gerne halten würden, so spricht doch etwas dagegen: Die großen Unternehmen haben sich strikte Verhaltens- und Anti-Korruptionsregelungen auferlegt, das Stichwort lautet „Compliance“. Gemessen daran wäre ein verurteilter Steuerhinterzieher kaum tragbar auf dem Präsidentenposten des FCB. Patrick Guyton

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