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Visionen schaffen Fakten: Christoph Daum ist nun Trainer in Bursaspor.

© dpa

Ofsayt - Die Fußballkolumne aus der Türkei: Daum und die Krokodile

Unser Istanbul-Korrespondent Thomas Seibert schreibt in seiner Kolumne "Ofsayt" immer dienstags über den türkischen Fußball. In der zweiten Folge geht es um Christoph Daum, der in seinem zweiten Vaterland für Schlagzeilen sorgt.

Die Türkei sei sein zweites Vaterland, hat Christoph Daum einmal gesagt. Seit den 1990er Jahren hat der deutsche Trainer mehrmals bei türkischen Spitzenclubs gearbeitet, mit den Istanbuler Traditionsvereinen Besiktas und Fenerbahce gewann er Meistertitel. Vor drei Jahren musste Daum jedoch bei Fenerbahce das Feld räumen, weil er die erneute Meisterschaft verpasste. Damals scheiterte Daum an der Mannschaft aus dem nordwesttürkischen Bursa, die mit einem Punkt Vorsprung den Titel holte. Genau bei diesem Club hat Daum ein neues Türkei-Abenteuer begonnen. Nach einem vermasselten Start sorgt er jetzt für Schlagzeilen.

Anders als in Deutschland, wo Daums Ruf unter anderem durch die Kokain-Affäre etwas getrübt ist, kann der Trainer in der Türkei in Bursa und auch bei seinen Gegnern auf ungebrochenen Respekt und Hochachtung zählen.

Das war der Grund, warum Bursa an den Deutschen dachte, nachdem der Club seinen Trainer Hikmet Karaman wegen des Ausscheidens des Vereins aus der Europa League Anfang August gefeuert hatte. Nach Presseberichten erhält Daum in Bursa 1,35 Millionen Euro im Jahr, sehr viel weniger als in seiner Zeit bei Fenerbahce. Doch für Daum ist Bursa eine Chance.

Bursa, rund 100 Kilometer südlich von Istanbul in der Nähe des Marmara-Meeres gelegen, ist eine stolze und aufstrebende Stadt, die auch sportlich viel vorhat. Die ehmalige osmanische Hauptstadt ist prosperierendes Zentrum der türkischen Autoindustrie, aber dank des Uludag-Gebirgszuges, an dem sie liegt, für eine Zweimillionen-Stadt ungewöhnlich grün. Weiß-grün sind auch die Vereinsfarben von Bursaspor; die Mannschaft wird in der Türkei deshalb die "Krokodile" genannt.

Die gegen Daum errungene Meisterschaft für die "Krokodile" war eine Sensation, weil der Titel erstmals seit vielen Jahren an eine Mannschaft außerhalb der Großen Drei ging: Normalerweise tragen die reichen Istanbuler Vereine Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray den Kampf um die Meisterschaft unter sich aus.

An den Erfolg von 2010 wollen Bursa und Daum jetzt anknüpfen. Gemeinsames Ziel sei es, Bursa die Champions League oder die Europa League zu bringen, sagte Daum nach seiner Vertragsunterzeichnung Mitte des Monats. Der deutsche Trainer ist nicht der einzige ausländische Neuzugang, der Bursa dabei helfen soll. Der französische Torwart Sebastien Frey, der Nigerianer Taye Taiwo und der Argentinier Renato Civelli verstärken die Abwehr, der türkischstämmige Österreicher Yasin Pehlivan wirkt im Mittelfeld.

Daums Saisonauftakt ging mit einer 0-2-Niederlage gründlich daneben. Doch am zweiten Spieltag der Süper Lig am vergangenen Wochenende sorgte der 59-jährige dafür, dass Bursa auch weiterhin ein Angstgegner der Großen bleibt. Dem amtierenden Meister Galatasaray unter den gerade zum Nationaltrainer ernannten Fatih Terim rang Daums Mannschaft ein 1-1-Unentschieden ab. Noch nie in seiner Karriere habe Daum gegen Terim verloren, kommentierten die Zeitungen nach dem Spiel.

Großen Anteil daran hatte ein Teenager. Im Alter von 16 Jahren, drei Monaten und 15 Tagen erzielte Ersatz-Stürmer Enes Ünal, eines der größten Talente im türkischen Fußball, nur wenige nach seiner Einwechselung den 1-1-Ausgleich gegen Galatasaray und wurde damit zum jüngsten Torschütze im türkischen Fußball-Oberhaus überhaupt. Für Daum bedeutet der Treffer, dass er sich erst einmal etwas Luft verschafft hat. Die Erwartungen an ihn in Bursa sind hoch.

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