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2000 gewann Hakan Sükür mit Galatasaray Istanbul den Uefa-Cup in Kopenhagen gegen den FC Arsenal nach Elfmeterschießen.

© Imago

Ofsayt - die Fußballkolumne aus der Türkei: Hakan Sükür - vom Helden zum Schurken

Jedes Kind in der Türkei kennt Hakan Sükür. Bisher war der frühere Nationalspieler ein Held für das ganze Land - jetzt ist er aus Sicht der Erdogan-Regierung zum Schurken geworden.

Der heute 42-jährige Sükür ist ein lebendes Denkmal des türkischen Fußballs, der beste Stürmer, den das Land je hervorgebracht hat. Der aus dem nordwesttürkischen Adapazari stammende Sükür gewann mit Galatasaray Istanbul im Jahr 2000 den UEFA-Cup, und er steuerte in der Nationalmannschaft viele Tore bei, unter anderem den schnellsten Treffer in der WM-Geschichte: sein 1:0 im Spiel gegen Südkorea im Jahr 2002, gerade einmal 10,8 Sekunden nach dem Anpfiff.

Nach dem Ende seiner sportlichen Karriere ging Sükür in die Politik und wurde Parlamentsabgeordneter für die Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Sein Wechsel ins Parlament galt als wichtiges politisches Symbol, denn Sükür ist als Anhänger des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen bekannt. Die Tatsache, dass Gülen-Fan Sükür für Erdogan im Parlament Platz nahm, war Ausdruck der lange Zeit engen Allianz zwischen der Gülen-Bewegung und der islamisch-konservativen Regierung Erdogan.

Großtaten hat Volksvertreter Sükür seit seiner Wahl vor drei Jahren nicht vollbracht, doch das hätte auch niemand von ihm erwartet. Lange war er ein braver AKP-Abgeordneter, der selten auffiel. Bis zum 16. Dezember des vergangenen Jahres. An diesem Tag erklärte Sükür öffentlich seinen Austritt aus der AKP, die sich in den Monaten zuvor einen zunehmend heftigen Streit mit der Gülen-Bewegung geliefert hatte. Er könne diesen Kurs Erdogans nicht mehr mittragen, erklärt er.

Sükürs Rücktritt war ein politischer Donnerschlag, der das Zerwürfnis zwischen der Gülen-Bewegung und Erdogan öffentlich machte. Einen Tag nach seinem Parteiaustritt begannen die Festnahmen in der Korruptionsaffäre um die Erdogan-Regierung, die vom Ministerpräsidenten als politischer Generalangriff der Gülen-Bewegung gesehen wird. Rund ein halbes Dutzend weitere AKP-Abgeordnete sind seitdem Sükürs Beispiel gefolgt.

Inzwischen hat Sükür am eigenen Leibe erfahren, dass der Ministerpräsident ein mächtiger politischer Schutzherr, aber auch ein unerbittlicher Gegner sein kann. Erdogan forderte, Sükür solle auch sein Parlamentsmandat niederlegen, das er der AKP zu verdanken habe. Ein Sportsender, der unter staatlicher Zwangsverwaltung steht und deshalb für Weisungen aus Ankara empfänglich ist, feuerte den Altstar als Fußballkommentator.

Er habe das erwartet, sagte Sükür nach seinem Rauswurf. Schließlich befinde sich der Sender Lig TV „in der Hand des Staates“. Immerhin könne er sich jetzt endlich an Wochenenden die türkischen Liga-Spiele in Ruhe und mit seiner Familie anschauen. Im Parlament will Sükür aber bleiben, für seine Hartnäckigkeit und seinen Kampfgeist war er schon als Fußballer bekannt. Erdogan hat einen Gegner mehr.

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