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Alex im Trikot von Fenerbahce, das er acht Jahre lang trug.

© Imago

Ofsayt - die Fußballkolumne aus der Türkei: Sehnsucht nach dem Saubermann

Alex de Souza war ein Volksheld in Istanbul. Die Fenerbahce-Fans errichteten dem Brasilianer sogar ein Denkmal. Und auch wenn Alex inzwischen nicht mehr in der Türkei spielt, macht er dennoch weiter Schlagzeilen.

Wenn türkische Fußballfans über den Tellerrand ihrer eigenen Liga blicken, interessieren sie sich vor allem für die Entwicklungen in den stärksten europäischen Ligen in Deutschland, England oder Spanien. Andere Fußballwelten erregen nur selten die Aufmerksamkeit der Türken – mit einer Ausnahme: Die Geschicke des brasilianischen Clubs Coritiba FC werden in türkischen Zeitungen gewissenhaft registriert. So auch vor einigen Tagen, als der abstiegsgefährdete Verein den fünftplatzierten Club Botafogo mit 2:1 besiegte und sich damit höchstwahrscheinlich den Klassenerhalt sicherte.

Der Grund dafür, dass ein brasilianisches Kellerkind in der Türkei Schlagzeilen macht, hat einen Namen: Alex de Souza, der frühere Spielmacher von Fenerbahce Istanbul, dem am Bosporus ein Denkmal errichtet wurde und dem in der Türkei immer noch nachgetrauert wird.

Alex, wie er in der Türkei überall genannt wird, spielte von 2004 bis 2012 in Istanbul und wurde zum Inbegriff für Eleganz, Motivation und Fairness. Kein anderer Spieler der vergangenen Jahre erreichte einen solchen Status in den Augen der Fans auch anderer Vereine. Die Tore des inzwischen 36-Jährigen, oft sehenswerte Fernschüsse oder Freistöße, bildeten ein wichtigen Teil des Ansehens.

Alex, ein früherer brasilianischer Nationalspieler, war der erste ausländische Spieler in der Türkei, der mehr als 100 Treffer erzielte. Er wurde mehrfach Torschützenkönig. Doch Alex war mehr als nur ein erfolgreicher Torjäger und Regisseur.

In seinen mehr als 300 Spielen für Fenerbahce konnte er seine Mannschaft mitreißen wie kein anderer. Im Herbst vergangenen Jahres errichteten Fenerbahce-Fans dem Brasilianer ein Denkmal – Alex war auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Doch nur wenige Wochen später überwarf er sich mit Trainer Aykut Kocaman und löste seinen Vertrag auf. Selbst während des bitteren Endes seiner Istanbuler Karriere bewahrte Alex Haltung. „Fenerbahce hat einen Spieler verloren, aber einen Fan gewonnen“, erklärte er damals.

Alex ging zurück zu Coritiba, wo er 1995 seine Laufbahn als Profi begonnen hatte. Aber für die Türken bleibt er unvergesslich. Als Alex vor wenigen Tagen seinem neuen alten Klub per Fallrückzieher zum Sieg verhalf, begeisterte sich die türkische Zeitung „Hürriyet“ für das „goldene Tor“ des früheren Fenerbahce-Stars.

Die Bewunderung für Alex ist mehr als bloße Verehrung für einen talentierten Sportler; in ihr spiegelt sich auch die Sehnsucht der Türken nach einer großen Spielerpersönlichkeit und einem Saubermann. Die türkische Süperlig hat zwar viele Stars, aber niemanden, der dem Brasilianer das Wasser reichen könnte: „Er ist kein Alex“ ist eine verbreitete Redewendung, wenn von einem Spieler die Rede ist, der zwar gut, aber nicht herausragend ist. Alex hat eine Lücke hinterlassen, die bisher niemand füllen konnte.

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