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Präsident auf der Brust. Fans von Fenerbahce bekennen sich zu Yildirim.

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Ofsayt - die Fußballkolumne aus der Türkei: Türkischer Fußball-Skandal: Alles nur ein Komplott?

Aziz Yildirim wittert eine Verschwörung und hofft darauf, dass der Prozess gegen ihn neu aufgerollt wird. Dem Präsidenten von Fenerbahce droht im schlimmsten Fall eine erneute Gefängnisstrafe wegen Bestechung.

Aziz Yildirim will es ja schon immer gewusst haben. Der skandalumwitterte Präsident von Fenerbahce, einem der traditionsreichsten Klubs im türkischen Fußball, schimpft seit Jahren über die Justiz, weil diese ihn wegen Bestechung zu einer langen Haftstrafe verurteilt hat. Yildirim, ein reicher Bauunternehmer, soll den Meistertitel der Saison 2010/2011 für Fenerbahce regelrecht gekauft haben. Der europäische Fußball-Verband Uefa hat Fenerbache deshalb für zwei Jahre von europäischen Wettbewerben ausgeschlossen, Yildirim selbst saß ein Jahr im Gefängnis.

Jetzt soll der mächtige Präsident bald wieder hinter Gitter: Der Berufungsgerichtshof in Ankara hat die von einer untergeordneten Instanz ausgesprochene Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten gegen Yildirim bestätigt. Doch Yildirim erkennt das Urteil nicht an. Und er erhält Hilfe aus der Politik: Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan schlug sich mit deftiger Justiz-Schelte auf Yildirims Seite. Erdogans Regierung wird seit Dezember selbst von einem Korruptionsskandal erschüttert, für den der Premier aber nicht bestechliche Minister verantwortlich macht, sondern angebliche Feinde der Regierung in der Justiz.

Beweise für seine Verschwörungstheorie ist Erdogan bisher schuldig geblieben, doch das hält Yildirim nicht davon ab, sich den Vorwürfen des Ministerpräsidenten anzuschließen. Auch die Urteile gegen Fenerbahce seien das Resultat eines Komplotts, sagte er. Wie Erdogan macht Yildirim die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen als Schuldigen aus. Gülen war einst Erdogans Unterstützer, hat sich aber mit dem Premier überworfen. Seitdem wird er von der Regierung für alles verantwortlich gemacht, was ihr nicht in den Kram passt. Yildirim, zur Zeit im Urlaub in Frankreich, hat sich diese Logik zu eigen gemacht: Auch er sei Opfer der Gülen-Anhänger, klagte er. Sein Klub und seine vielen Fans stehen hinter ihm.

Der Verweis auf eine finstere Verschwörung ist natürlich viel bequemer, als die von mehreren Gerichten festgestellte Schuld von Fenerbahce anzuerkennen oder dem Problem der Korruption im türkischen Fußball einmal gründlich zu Leibe zu rücken. Schwamm drüber, sagt der Fußballverband. Der Schwarzmeer-Verein Trabzonspor, der ohne die von den Gerichten festgestellten Manipulationen Yildirims vor drei Jahren Meister geworden wäre, fordert vergeblich, dass ihm der Titel nachträglich zuerkannt wird.

Nach Presseberichten will Yildirim noch am heutigen Dienstag in die Türkei zurückkehren, wo ihm ein Heldenempfang der Fenerbahce-Fans sicher ist. Vor der Großen Kammer des Berufungsgerichts will er Einspruch gegen seine Haftstrafe einlegen. Wenn auch das nichts helfe, werde er reinen Gewissens ins Gefängnis gehen, sagte er. Zugleich hofft Yildirim aber darauf, dass sein Prozess neu aufgerollt wird – mit besser gesinnten Richtern und Staatsanwälten.

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