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Sport: Ohne Furcht und Tadel

Vor dem Uefa-Cup-Spiel in Istanbul hatte Lazio Rom Bedenken wegen des Irak-Kriegs – und siegte dann 2:1

Ist anbul. Sogar der Mannschaftsbus war von Sicherheitskräften umringt. Beim Besuch von Lazio Rom in Istanbul ließen die türkischen Behörden nichts unversucht, um den Gästen etwaige Ängste zu nehmen. Vor dem Uefa-Cup-Spiel gegen Besiktas Istanbul hatten die Italiener Bedenken geäußert, ob die Türkei angesichts der Krise im Nachbarland Irak derzeit ein sicheres Pflaster sei. Doch auf dem Spielfeld im Inönü-Stadion war von Beklemmungen der Italiener nur wenig zu spüren. Sie besiegten die Gastgeber mit 2:1 und vermasselten den Istanbulern damit einen historischen Erfolg im Jahr des hundertjährigen Bestehens des Klubs.

„Schon der Traum war schön“, titelte eine türkische Zeitung am Freitag aufgrund des Ausscheidens von Besiktas aus dem Uefa- Cup-Wettbewerb: Der Einzug ins Halbfinale ist dem derzeitigen Tabellenführer der türkischen Liga bisher noch nie geglückt. Der von dem Rumänen Mircea Lucescu trainierte ehemalige Verein von Christoph Daum muss sich nun ganz auf die Meisterschaft konzentrieren.

Dabei hatten sich die türkischen Fußballfans auf das Spiel gegen Lazio sehr gefreut. Die knappe 0:1-Niederlage beim Hinspiel in Rom galt nicht als unüberwindliches Hindernis auf dem Weg ins Halbfinale. Die „schwarzen Adler“, wie die Spieler von Besiktas von ihren Fans genannt werden, stünden an der Schwelle eines historischen Sieges, waren sich die Zeitungen in den vergangenen Tagen sicher.

Doch daraus wurde nichts. Zwei Lazio-Tore innerhalb von zehn Minuten beendeten alle Träume der Istanbuler. Vielleicht hatten die „schwarzen Adler“ die Italiener unterschätzt, die in der Türkei wegen ihrer vermeintlichen Kriegsangst als „Schlappschwänze“ verlacht worden waren. Spieler und Funktionäre der Römer hatten Sicherheitsbedenken geäußert und damit den Spott der Türken auf sich gezogen. Daran änderte auch nichts, dass sich der Lazio-Tross bei seiner Ankunft in Istanbul am Vortag des Spiels furchtlos gab. „Wir haben keine Angst“, sagte Trainer Roberto Mancini.

Während sich Lazio in Istanbul auf das Spiel vorbereitete, begann in Bagdad der Krieg. Die Uefa hatte kurz zuvor noch klargestellt, dass es keine Sicherheitsprobleme gebe – weder in Istanbul, noch bei Flügen in die Türkei.

Auch die Liga-Spiele in der Türkei werden vorerst nicht wegen des Krieges im Nachbarland abgesagt oder verschoben. In der Türkei gebe es noch nicht einmal den Hinweis auf eine Gefahr, erklärte Verbandspräsident Haluk Ulusoy. Deshalb werden alle Erstliga-Spiele termingemäß stattfinden, auch die Begegnungen in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir, die nur wenige Kilometer von der irakischen Grenze entfernt ist. Selbst in Adana wird gespielt, das in der Nähe des von den USA genutzten Luftwaffenstützpunkts Incirlik liegt. „Erst wenn der Fußballverband eine Warnung der Regierung erhält, ändert sich das“, sagte Ulusoy.

Doch einige türkische Fußballprofis fühlen sich unwohl bei dem Gedanken, Liga-Spiele in unmittelbarer Nähe des Kriegsgebietes zu absolvieren. Der deutsche Torwart des westtürkischen Erstligisten Denizli, Dirk Heinen, sagte beispielsweise der Zeitung „Milliyet“ in der Freitagsausgabe: „Ich habe große Angst vor dem Krieg, hoffentlich dauert er nicht lange.“ Zwar ist auch Heinen klar, dass die Türkei derzeit nicht aktiv am Irak-Krieg beteiligt ist. „Aber der Krieg ist ganz nah. Gott stehe uns bei unseren Spielen in Diyarbakir und Adana bei.“ Der 33-Jährige weiß von anderen ausländischen Kollegen bei Denizlispor, denen es nicht anders geht. Womöglich hat auch der ein oder andere türkische Fußballer ein flaues Gefühl in der Magengegend. Bisher gibt es aber niemand zu – man will schließlich nicht als italienischer Schlappschwanz gelten.

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