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Olympia 2008: Peking macht Probleme

Die Luft in der Stadt ist kurz vor den Spielen noch dreckiger geworden. Nur Wind und Regen können noch helfen, die Dunstglocke zu vertreiben. Und auch der Umgang mit der Pressefreiheit bleibt undurchsichtig.

Zurzeit ereignet sich jeden Tag etwas Neues auf dem Olympiagelände im Norden Pekings. Am Montag durften erstmals Privatautos und Tourbusse nicht mehr in der Nähe des Olympiastadions halten, tausende Schaulustige müssen fortan für einen Schnappschuss vom Vogelnest-Stadion einen weiten Umweg in Kauf nehmen. Erstmals wurden am Eingang des Geländes Akkreditierungen elektronisch eingelesen. Und ebenfalls erstmals lief ein Sicherheitsbeamter unauffällig durch das Pressezentrum und suchte mit einem elektronischen Gerät nach Bomben. Nur eines änderte sich auch am Montag nicht: der dichte Smog.

Seit Inkrafttreten des Fahrverbotes am 20. Juli hat sich die Smogsituation nicht verbessert. Sie ist sogar schlechter geworden. Die Pekinger Umweltschutzbehörde führt das auf die derzeitige heiße, feuchte und windstille Wetterlage zurück. Der Smogdunst, der über der Stadt liegt, bestünde auch aus Wasserdampf, erklärt Du Shaozhong, der stellvertretende Direktor der Umweltbehörde. „Wenn man im Bad heißes Wasser einlässt, sieht man manchmal sein Gegenüber nicht.“ Aber er gibt auch zu: „Ich sage nicht, dass es kein Smog ist.“ Der Luftverschmutzungsindex (API) ist am Wochenende auf 118 gestiegen, was selbst im mit Umweltmessdaten großzügigeren China in die Kategorie „ungesund für sensible Personen“ fällt. Die Feinstaubkonzentration von zirka 180 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt gefährlich weit über dem von der Weltgesundheitsorganisation WHO erlaubten Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. Unter diesen Bedingungen könnten während der Spiele Ausdauerwettbewerbe wie der Marathon oder Straßenradrennen verschoben werden.

Das will die Pekinger Umweltschutzbehörde vermeiden – und kündigt weitere Verbote an. „Im Falle von extremen Wetterbedingungen, welche die Auflösung der Luftverschmutzung verhindern, bereiten wir noch strengere Maßnahmen vor“, sagt Du Shaozhong. Ein strengeres Fahrverbot – zurzeit darf nur die Hälfte aller Fahrzeuge in Peking fahren – könnte nur noch jedes zehnte Fahrzeug auf Pekings Straßen lassen. Wer eine Autonummer besitzt, die auf 5 endet, dürfte zum Beispiel nur am 5. oder 15. August fahren. Hinzu könnten die Fahrverbote auf benachbarte Provinzen übertragen werden, auch könnte das Bauen in Peking komplett eingestellt werden. Zurzeit darf noch an einigen Prestigebaustellen wie dem CCTV-Tower weitergearbeitet werden. Die Maßnahmen könnten frühestens in der kommenden Woche verkündet werden und in Kraft treten, berichtet die „South China Morning Post“.

Doch das alles dürfte nicht die hartnäckige Dunstglocke vertreiben, die gegenwärtig über der Stadt hängt. „Da helfen nur noch Wind und Regen“, sagt ein chinaerfahrener Olympiahelfer, der aus den USA stammt. Tatsächlich ist die Luft nach einem reinigenden Unwetter in Peking am besten. In seinem Land würde man jetzt für Regen und Wind beten, sagt der Olympiahelfer, „aber das macht man ja in diesem atheistischen Land nicht“.

Der Internetzugang im olympischen Pressezentrum ist nicht wie vorher zugesagt von der Zensur befreit. Die Offiziellen sprechen von „Einzelfällen“

Chinabesucher mit Laptop dürften das Problem kennen: Wer versucht, die Webseite des US-finanzierten Senders „Radio Free Asia“ zu erreichen, erhält folgende Meldung: „Netzwerk-Zeitüberschreitung – der Server unter www.rfa.org braucht zu lange, um eine Antwort zu senden.“ Das gleiche Schauspiel wiederholt sich beim Versuch, die Internetseiten der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ oder der chinakritischen Zeitung „Apple Daily“ zu erreichen. Auch diese Seiten werden durch die chinesische Internetzensur blockiert. Neu ist daran allerdings, dass dies auch im Hauptpressezentrum der Olympischen Spiele auf Platz 075 geschieht.

Im Pressenzentrum werden chinakritische Internetseiten zensiert. Das widerspricht früheren Aussagen der Olympia-Organisatoren, wonach die rund 21000 akkreditierten Journalisten bei den Spielen frei berichten und recherchieren dürfen. „Ich weiß nicht, ob das ein individuelles Problem ist“, sagte der Pekinger Mediendirektor Sun Weija auf Beschwerden von Journalisten, „ich denke, was die Technologie betrifft, gibt es keine Probleme.“ Tatsächlich funktioniert die Technik im Hauptpressezentrum reibungslos, doch weder im 800 Plätze bietenden Pressearbeitsraum noch in den einzelnen Büros oder an einem Internetterminal lassen sich chinakritische Webseiten aufrufen. Der Mediendirektor will davon nichts wissen. „Ich denke, es gibt kein Problem, sich mit bestimmten Webseiten zu verbinden“, erklärte Sun Weija.

Im Frühjahr hatte Weija, ein ehemaliger Büroleiter der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua in Brüssel, noch erklärt: „Die Regierung hat zugesichert, dass die Journalisten bei den Olympischen Spielen freien Zugang zum Internet haben werden.“ Wie das genau aussehen sollte, konnte er schon damals nicht sagen. Offiziell gibt es die Internetzensur in China lediglich, um die Nutzer vor „schädlichen Inhalten“ zu schützen. Bei den Spielen aber schränkt sie Journalisten in ihren Recherchemöglichkeiten ein. Allerdings sind viele Olympiajournalisten auf die Internetzensur vorbereitet und wissen, wie man sie umgehen kann. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) verweist auf seiner Medienseite auf einen Text für Olympiajournalisten der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“. Darin werden verschiedene technische Möglichkeiten zur Umgehung der „Großen Firewall“ genannt.

Adalberto Leister ist hingegen nicht vorbereitet und wundert sich im Hauptpressezentrum der Spiele. „Ich kann die Webseite meiner Zeitung nicht erreichen“, sagt der Reporter der brasilianischen Zeitung „Fohla de Sao Paulo“, „das könnte die Zensur sein, aber vielleicht liegt es auch nur am Server in meiner Heimat.“ Es ist sein erster Tag in Peking, deshalb will er das auch nicht überbewerten. „Wenn die Spiele beginnen, ist es viel wichtiger, dass ich mit den Sportlern frei über Tibet, Darfur oder die Menschenrechte sprechen kann“, sagt er. Auch das hatte China eigentlich zugesagt.

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