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Olympia 2010: Im Schatten der Spiele

Einwohner protestieren in Vancouver gegen die Olympischen Winterspiele – sie fürchten Verteuerung, Verdrängung und Überwachung

Parks mit moosgrünen Baumriesen, hübsche Multi-Kulti-Viertel und auch in der Innenstadt stets saubere Luft. Vancouver an Kanadas Pazifikküste gilt als eine der Städte mit der höchsten Lebensqualität weltweit. Und als liberal. Gegenüber der lokalen Drogenszene drückt die Polizei oft beide Augen zu. Obdachlose und Prostituierte, die häufig aus den Indianergebieten im Landesinneren stammen, werden anders als in vielen US-Städten in Ruhe gelassen.

„Doch all das steht auf dem Spiel – wegen der Spiele“, glaubt Hugh Clark. Der Sportstudent unterstützt ein Bündnis linker Gruppen, das gegen die Olympischen Winterspiele in vier Monaten protestiert. Sie befürchten, dass Grünflächen planiert und das Land der Indianerstämme zugebaut wird. Nur ein Teil der kanadischen Ureinwohner hatte sich – teilweise gegen finanzielle Hilfe – mit der Stadt darauf geeinigt, traditionelle Reservate für die Sportstätten zur Verfügung zu stellen.

Doch die Liste an Vorwürfen ist länger: Einige Firmen hätten ihre Arbeiter vor Baubeginn Knebelverträge unterzeichnen lassen, mit denen das Streikrecht ausgehebelt werde. Außerdem profitiere von den Olympischen Spielen nur eine „Funktionärs- und Unternehmerelite“, die mit Mammutbauten und Sicherheitsdiensten viel Geld verdiene. „Viele Sozialwohnungen hier sind inzwischen privatisiert worden, man will 2010 offenbar keine Armen in der Innenstadt sehen“, sagt Clark. Dadurch aber steige die Obdachlosigkeit. In der US-Metropole Atlanta mussten zu den Sommerspielen 1996 rund 30 000 meist ärmere Menschen nach dem Verkauf der Grundstücke, auf denen ihre Wohnungen lagen, umziehen. Einige wurden obdachlos.

In den kanadischen Medien kritisieren Bürgerrechtler und Juristen außerdem, dass sich bei Polizei und Nachrichtendiensten nun Hardliner durchsetzen. Danika Surm, Studentin in Vancouver, berichtete dem Sender CBC, wie zwei Zivilbeamte sie nach einem der Universitätsdozenten befragten. Die Polizisten hätten nicht nur ihre Handynummer gehabt, sondern auch ihren Stundenplan gekannt und gewartet, bis sie nach einer Klausur auf den Heimweg war. Der Dozent engagiert sich im Anti-Olympia-Netzwerk. Surm waren die Spiele bisher egal. Nun aber werde sie sich überlegen, ob es nicht doch Gründe gebe, sich den Protesten gegen die Olympia-Politik anzuschließen.

In den vergangenen Monaten hatte es bei Protesten Zusammenstöße mit der Polizei gegeben. Für Februar haben Polizei und Organisatoren der Spiele sogenannte Protestzonen eingerichtet – in diesen abgegrenzten Bereichen dürfen dann Kundgebungen stattfinden. Bürgerrechtler und Juristen stiegen deswegen in die Proteste ein: Diese „Beschneidung der Demonstrationsfreiheit“ seien die Spiele in Vancouver kaum wert. „Das Ganze ist doch sowieso viel zu teuer geworden“, sagt Clark. Wie nun bekannt wurde, ufern die Kosten für das Olympische Dorf weiter aus: Der ohnehin schon aufgestockte Etat von umgerechnet knapp 650 Millionen Euro soll um 85 Millionen Euro ergänzt werden.

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