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So haben es die US-Amerikaner am liebsten. Gold, Silber und Bronze für ihre Athleten. Hier feiern die 100-Meter-Hürdensprinterinnen Kristi Castlin (l.), Brianna Rollins und Nia Ali (r.) ihren Dreifachtriumph mit voller Beflaggung.

© AFP

Olympia 2016 in Rio: Olympia und die USA: Künstliche Realität

Die Sportler der Vereinigten Staaten dominieren bei den Spielen in Rio. In den USA kommt das gut an, dabei unterliegt die Berichterstattung im Fernsehen eigenen Regeln.

Nicht nur der König der Athleten kommt aus den USA. Die Vereinigten Staaten sind schon vor dem Abschluss-Wochenende die großen Sieger von Rio, keine Hymne erklingt häufiger als das „Star Spangled Banner“. Die Heimat jubiliert – die Amerikaner lieben ihre Fahne, und sie lieben es, Stärke zu demonstrieren. Die Fans an den Fernsehern, ob in den Sports-Bars oder in den Wohnzimmern von Alaska bis Florida, feiern ihre Helden wie den nun 23-fachen Olympiasieger Michael Phelps – und ergötzen sich an den medial inszenierten Randgeschichten.

Die USA sind eine Sportnation wie keine zweite. Seit dem Fall des Eisernen Vorhanges dominieren sie die olympischen Wettkämpfe, mit Ausnahme von Peking 2008 lag Amerika im Medaillenspiegel stets vorn. Gezielte Talentförderung, exzellente Trainingszentren, gepaart mit meist gesundem Ehrgeiz von Jugendlichen und deren Eltern, sind das Mittel für die Erfolge seit Jahrzehnten. Rio 2016 ist keine Ausnahme. Ausnahmeathleten wie Schwimm-Ikone Phelps oder Turnstar Simone Biles werden zu Namen, die in jeder Kneipe die Runde machen.

Die USA sind aber auch eine Entertainment-Nation. Olympia vereinbart beides in beinahe idealer Form. Ob Bahamas-Sprinterin Schaunae Miller mit einem Hecht ins Ziel Gold vor US-Girl Allyson Felix sichert oder Ryan Lochte an der Tankstelle ausrastet – alles wird medial zum Event stilisiert und damit zum Subjekt intensiver Berichterstattung.

Einschaltquoten und Werbeeinnahmen sprechen Bände

Die US-Helden in der Fremde, eingebettet in eine gut erzählte Story, am besten mit der Überschrift „Gut gegen Böse“: Schwimmerin Lily King gegen ihre russische Kontrahentin mit Doping-Vergangenheit – das verkauft sich in den USA. Dass auch im US-Team überführte Dopingsünder wie die Sprinter Justin Gatlin und Tyson Gay stehen – dem übertragenden Sender NBC ist es kaum eine Erwähnung wert.

Einschaltquoten und Werbeeinnahmen sprechen Bände. NBC hat 2011 für die Rechte an Olympischen Spielen bis 2020 4,38 Milliarden Dollar hingeblättert. Das muss wieder reinkommen. Nach eigenen Angaben hat NBC allein in Rio Werbeminuten zum Preis von 1,2 Millionen Dollar verkauft. Der Sender spielt das Spiel auf seine bewährte Weise. Wer zur abendlichen Primetime einschaltet, wundert sich zunächst. Die Ratio von Werbung zu Programm beträgt gefühlt in etwa zwei Drittel zu ein Drittel – zugunsten der Werbung, meist für Produkte, die geistige und körperliche Durchhaltekraft in allen Lebenslagen versprechen. In der Primetime sind die Sportphasen zwischen zwei Werbeblöcken nie länger als sieben Minuten.

In diesen sieben Minuten wird aber längst nicht notwendigerweise Livesport aus Rio geboten. Rückblenden, Zusammenschnitte, Randgeschichten – den Sport an sich gibt es nur in wohl portionierten Häppchen dann, wenn es werbetechnisch am einträglichsten erscheint. So flimmerte schon der Einmarsch der Teams bei der Eröffnungsfeier mit etwa einstündiger Verspätung über die US-Bildschirme. „Wenig ist medaillenwürdig an der Berichterstattung von NBC“, kritisierte die „New York Times“.

In den USA kommt nur eine Ableitung der Realität von Rio an

„NBC hat den letzten Rest Spannung aus den Spielen gesaugt“, kritisiert die Nachrichtenplattform Vox.com die Übertragungsweise des Senders. Schon 2010 hatte NBC die wichtigen Entscheidungen der Winterspiele in Vancouver zur werberelevanten Primetime am Abend gezeigt – auch wenn sie tagsüber stattfanden und die Ergebnisse längst bekannt waren. Die Welt von Rio ist Realität – was in den USA ankommt, ist eine Ableitung davon, unter Verwendung künstlicher Spannungsbögen.

Und die nutzt gerne auch die Politik. Die haushohe Führung im Medaillenspiegel, die Siegertypen, das Dauerlächeln der Athleten – all das will nicht so recht in das Bild passen, das Donald Trump von einem maroden, am Abgrund stehenden Amerika zeichnet. Seine Kontrahentin Hillary Clinton – vielleicht nicht ganz zufällig ein „bekennender Olympia-Fan“ – versucht das gleich zu nutzen. „Trump ist das Gegenteil von Olympia“, sagt sie. Clinton hat bei NBC Wahlwerbung für mehr als fünf Millionen Dollar im Olympia-Umfeld gebucht. Trump nicht. dpa

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