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Carina Vogt gehört dieses Mal nicht zu den großen Favoritinnen.

© Daniel Karmann/dpa

Olympia 2018 in Pyeongchang: Die Vorspringerin

Carina Vogt war die erste Siegerin im olympischen Frauen-Skispringen – am Montag will sie wieder Gold.

Zwei gute Sprünge waren es, die ein Sportlerinnenleben verändert haben. Nachhaltig und positiv verändert haben, das hat Carina Vogt vor ein paar Jahren schon festgestellt. Denn seit den Olympischen Winterspielen von Sotschi kann die junge Frau gut damit leben, dass ihr etwas gelungen ist, was sie ihr Leben lang begleiten wird. Im Februar 2014 wurde Vogt erste Olympiasiegerin im Skispringen überhaupt, vorher durften die Frauen nicht von olympischen Schanzen springen. Unvorstellbar im Jahr 2018. Als sie damals zur Goldmedaille landete, sei sie „schon von der Tatsache an sich überwältigt“ gewesen. „Was diese Sprünge allerdings bedeuten sollten, wurde mir erst danach bewusst.“

Da musste sie, die vorher kein Gedrängel um ihre Person kannte, in ihrem sanften Schwäbisch ein Interview nach dem anderen geben. Vogt, geboren in Schwäbisch-Gmünd, hatte Fernsehauftritte, von denen sie nicht geträumt hatte. Etwa beim damals größten Blödelmeister der Nation, Stefan Raab. Komisch sei das gewesen, plötzlich in TV-Sendungen aufzutreten, die sie zuvor nur als Konsumentin kannte. Gut von der Schanze springen, das konnte sie. Aber eine Ausbildung zum Medienprofi, die hatte sie natürlich nicht im Rahmen ihrer Ausbildung bei der Bundespolizei genossen. „Es war zu viel für mich, es war schon anstrengend“, sagte sie.

Vier Jahre später. Carina Vogt, 26 Jahre alt, hat viel gelernt seit ihrem Olympiasieg. Einem Sieg, den sie am Montag wiederholen möchte beim Skispringen der Frauen. „In vier Jahren passiert natürlich bei jedem etwas. Damals war ich 22 und bin mehr oder weniger ins kalte Wasser gesprungen“, sagte sie vor wenigen Tagen der „Südwest-Presse“. Sie sei zwar privat immer noch dieselbe, aber „sportlich mit Sicherheit ein bisschen professioneller.“ Dabei hatte sie seinerzeit die große Sorge, dass ihr Erfolg von Sotschi alles überstrahlen könnte. Nach der Saison mit ihrem großen olympischen Auftritt hatte Carina Vogt gesagt: „Ich möchte nicht auf dieses Jahr, das Jahr meines Olympia-Erfolges reduziert werden.“

Vogt wurde zweimal Doppelweltmeisterin

Sie ist aber nicht nur viel reifer als in Sotschi, sondern auch noch viel erfolgreicher geworden. 2015 und 2017 wurde sie bei den Weltmeisterschaften in Falun und Lahti jeweils Doppelweltmeisterin. Sie hat sich den Ruf erkämpft, bei besonders wichtigen Wettkämpfen immer ihre beste Leistung abrufen zu können. „Ein wenig verrückt ist das alles schon“, hat sie dazu schon mal gesagt. „Es scheint so, als hätte ich irgendwohin einen sehr guten Draht.“

Den braucht sie auch am Montag beim Springen von der Normalschanze womöglich, denn Favoritin ist sie diesmal nicht. Die Norwegerin Maren Lundby dominiert in dieser Saison, sie ist ganz klar erste Anwärterin auf Gold und auch im deutschen Team gibt es eine Springerin, der mehr zugetraut wird als Carina Vogt. Katharina Althaus, die in diesem Winter schon achtmal auf dem Weltcup-Podest stand, sprang am Sonnabend beim Training in Pyeongchang zweimal auf Rang drei und ließ dann den dritten Sprung aus. Carina Vogt erreichte dagegen einen vierten und zwei sechste Plätze. Vogt hat zurzeit kleine Probleme mit ihren Sprüngen, woran es im Detail hapert, möchte sie natürlich niemanden öffentlich erzählen. Nach dem Training sagte sie: „Ich bin schon ein wenig positiver gestimmt. Ich habe auf jeden Fall den richtigen Lösungsansatz gefunden.“

Bei Frauen gibt es nur den einen Einzel-Wettbewerb. In kaum einer Wintersportart stehen die Athletinnen so sehr im Schatten der Männer wie im Skispringen. Hier und da gibt es eben noch ein Ungleichgewicht bei den Geschlechtern. Eine traurige olympische Tradition, an der sich seit den ersten Olympischen Winterspielen im Jahr 1924 nichts geändert hat. Immer waren mehr Männer am Start als Frauen.

Aber die Frauen sind auf dem Sprung nach vorn. Es sei ein doppelter Gewinn gewesen, dass das Interesse am Skispringen der Frauen durch ihren Sieg gewachsen sei, hat Carina Vogt vor drei Jahren gesagt. Denn die sportliche Basis war in Deutschland noch relativ dünn – allzu viel getan hat sich seit damals allerdings nicht beim Nachwuchs, was den Erfolg angeht: Neben Althaus und Vogt starten noch Ramona Straub und Juliane Seyfarth in Südkorea für das deutsche Team. Straub ist 24 Jahre alt, Seyfarth wird in ein paar Tagen sogar schon 28 Jahre.

In ihrer Heimat wurde eine Straße nach ihr benannt

Carina Vogt hat historisch Wertvolles geleistet mit ihrem Olympiasieg von 2014. Das lässt sich sogar nachlesen an der Anlage ihres Heimatklubs SC Degenfeld. Im März 2015 wurde eine Straße unterhalb der Degenfelder Schanzenanlage als „Carina-Vogt-Weg“ getauft. Der Weg zur nächsten großen Ehre ist allerdings wohl etwas holpriger. Carina Vogt ist trotzdem optimistisch, dass am Montag etwas geht. Sie will ihren Titel in Pyeongchang verteidigen und verzichtete daher sogar auf die Teilnahme an der Eröffnungsfeier am Freitag, um eben am Sonnabend wieder trainieren zu können. „Es ist zwar auf der einen Seite schade, aber andererseits steht man sich stundenlang die Füße in den Bauch, und am nächsten Tag soll man im Training wieder Topleistung bringen“, sagte sie.

Vielleicht ist das ein gutes Omen. Auch in Sotschi hatte Carina Vogt auf die Eröffnungsfeier verzichtet – und dafür eine um so schönere Abschlussfeier.

Alles zu den Olympischen Spielen in Pyeongchang lesen Sie in unserem Blog.

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