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Duplitzer

© dpa

Olympia-Boykott: "Machen Sie doch einen Spaziergang“

Die Fechterin Imke Duplitzer will bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking nicht mit einmarschieren. Sie fordert auch die Zuschauer zum Boykott auf. Ein Interview mit der Silbermedaillengewinnerin von 2004.

Frau Duplitzer, Sie wollen nicht zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking gehen und sind jetzt bei der Fecht- WM in China. Wie passt das zusammen?

Ich kann doch als Athlet sagen, ich werde nicht zur Eröffnungsfeier gehen, weil ich das als Statement gegen ein System sehe, aber ich kann trotzdem Spaß am Sport haben. Deshalb fahren wir ja auch zu Olympia, damit man Spaß hat und Leute kennen lernt.

Gab es hier in Peking schon Reaktionen von offizieller chinesischer Seite auf Ihre Kritik?

Bei der Einreise gab es bei mir eine kleine Verzögerung, da wird vielleicht etwas im Computer gestanden haben. Aber das juckt mich nicht. Dann sollen sie mich nicht reinlassen. Mehr als blamieren können sie sich nicht.

Warum plädieren Sie nicht für einen Boykott der Spiele?

Das wäre das Schlechteste, was wir machen können. Ich habe auch Verständnis, wenn Athleten sagen, ich möchte mir die Eröffnungsfeier angucken. Ich habe nur für mich nach langem Überlegen beschlossen, dass ich da nicht hingehe. Die Eröffnungsfeier ist die Bühne für die große Welt, da sind die Sponsoren. Wir beklagen uns ja auch über die Kommerzialisierung der Spiele. Auch als Fernsehzuschauer kann ich zeigen, dass es so nicht weitergehen soll. Indem ich abschalte.

Sie fordern die Fernsehzuschauer auf, den Apparat abzuschalten?

Ja, das wäre doch super. Liebe Zuschauer, Sie verpassen doch nichts. Wenn jemand nackt durchs Stadion läuft mit einer Free-Tibet-Fahne, der wird später sowieso noch hundertmal wiederholt. Leute, Ihr habt eine Fernbedienung, schaltet um, leiht Euch ein Video aus, macht Euch einen netten Abend mit der Familie, spielt ein Gesellschaftsspiel oder geht mal wieder spazieren. So kann man Leute zum Umdenken bringen.

Sollen die Zuschauer nun gegen die Kommerzialisierung oder die Tibetpolitik der chinesischen Regierung protestieren?

Das muss jeder für sich entscheiden. Man kann ja einen Ted einrichten: Ich schalte ab, weil mir der Kommerz auf den Zeiger geht, oder ich schalte ab, weil ich ein Statement an das politische Regime und dessen Tibetpolitik richten möchte.

Glauben Sie, dass Sie damit das chinesische Regime beeindrucken könnten?

Auf die Dauer wird dieses System nicht lebensfähig sein. Die Frage ist: Wie bereiten wir jeden Einzelnen in China darauf vor, was danach kommt? Wir können zeigen, dass wir mit vielen Dingen nicht einverstanden sind. Aber mit einem Lächeln, vielleicht als Bonbon verpackt. Oder drehen wir uns um und überlassen 1,3 Milliarden Menschen sich selber? Wir Sportler können ein Zeichen setzen.

Und das Zeichen wäre: Einerseits zu Olympia kommen und damit den Dialog anschieben und andererseits nicht zur Eröffnungsfeier gehen?

Ja, weil ich zeigen will, dass ich nicht einverstanden bin, was hier für eine Propaganda aufgefahren wird. Ich stelle mir eine Eröffnungsfeier so vor: Ein kleines Kind läuft mit Kerze herein, wir Sportler hinterher, man macht das Ding an und Tschüss. Das kann man nur leider im Fernsehen keiner Firma verkaufen.

Was sagt denn Ihre Teamkollegin und Sinologin Britta Heidemann zu Ihrer Einstellung?

Wir haben einen regen Austausch. Wir waren gestern mit chinesischen Freunden von ihr essen, wir haben uns sehr lange unterhalten. Sie hört mir in vielen Sachen zu und ich lerne auch von ihr. So soll es ja auch sein. Man sollte voneinander lernen.

Der Chinaaufenthalt scheint auch Ihrer Form förderlich zu sein …

… momentan geht es mir sehr gut, und das sieht man auch meinem Fechten an. Ich habe einen inneren Frieden gefunden, ich habe sechs buddhistische Bücher des Dalai Lama gelesen. Man geht danach ein bisschen unbeschwerter durchs Leben.

Werden Sie sich jetzt noch Peking ansehen?

Ich gehe jedenfalls nicht auf Schnäppchenjagd. Ich werde auch die Gastfreundschaft dieses Landes nicht so super lange beanspruchen. Ich komme in diesem Jahr drei Mal hierher, das ist lange genug. Es ist nett hier, aber ich glaube nicht, dass ich zu einem Parteifunktionär auf ein Tässchen Kaffee gehen würde.

Das Gespräch führte Benedikt Voigt.

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