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Trauer und Wut. Die norwegischen Skilangläuferinnen widersetzten sich dem Trauerflor Verbot des IOC - prompt gab es eine Rüge.

© dpa

Olympia in Sotschi: Trauern verboten

Freudentränen ja, echte Trauer: nein. Olympia sei kein Ort für Trauer, behauptet das Internationale Olympische Komitee und handelt sich damit Ärger von Athleten und Fans ein. Nun will das IOC seine harten Regeln überdenken.

Vier Jahre ist es her, dass Nodar Kumaritaschwili starb. Kurz vor Eröffnung der Winterspiele in Vancouver war der georgische Rodler bei einer Trainingsfahrt tödlich verunglückt. Pflichtschuldig lässt das Internationale Olympische Komitee (IOC) nun Blumen niederlegen, IOC-Präsident Thomas Bach legt eine Schweigeminute ein. Nur die Athleten dürfen nicht trauern. Die IOC-Charta verbietet das Tragen eines Trauerflors.

Über seinen Sprecher Mark Adams ließ das IOC mitteilen, die Sportler sollten einen besseren Platz finden, um ihre Trauer auszudrücken. Die Funktionäre berufen sich dabei auf Regel 50 der IOC-Charta: „Jede Demonstration oder politische, religiöse oder rassische Propaganda ist an den olympischen Stätten ... untersagt.“ Mit derselben Begründung verbot das IOC in Sotschi auch Aufkleber, die an den Tod der verunglückten kanadischen Ski-Freestylerin Sarah Burke erinnern. Eine Rüge für die norwegischen Langläuferinnen wird für das IOC nun aber zum Politikum.

"Norwegen ist bekannt für seine Arroganz"

Sie hatten bei einem Wettkampf einen Trauerflor getragen, um des plötzlich verstorbenen Bruders von Teamkollegin Astrid Jacobsen zu gedenken. Der Zorn der Norweger richtet sich vor allem gegen IOC-Mitglied Gerhard Heiberg. Der Norweger hatte die harte Linie des IOC verteidigt und das Totengedenken als „unpassend“ bezeichnet. Im Interview mit dem Fernsehsender NRK sagte er: „Norwegen ist für seine Arroganz bekannt. Diese Aktion hilft nicht unbedingt dieses Bild zu korrigieren.“

Norwegische Zeitungen überschlugen sich daraufhin mit Kritik am IOC. In einem Artikel des Journalisten Lasse Jangås, der ganz Norwegen beschäftigte und allein auf Facebook über 48 000 Mal geteilt wurde, heißt es: „Für Korruption sind sie blind, für Homophobie sind sie blind, das Schicksal der verarmten Gastarbeiter interessiert nicht.“ Warum äußere sich das IOC dazu nicht, ziehe aber die Sportler in den Schmutz? Auch die größte Zeitung des Landes, „Aftenposten“, erregt sich, Athleten dürften aus Freude oder Erleichterung weinen, doch für Trauer sei kein Platz.

IOC zieht Konsequenzen

Eine repräsentative Umfrage ergab zudem, dass über 55 Prozent der Norweger mittlerweile gegen Olympische Winterspiele in Oslo 2022 sind. Das Parlament muss die Milliarden für die Olympiabewerbung noch freigeben und kann den Stimmungsumschwung in der Bevölkerung kaum ignorieren. Das IOC bemüht sich daher um Schadensbegrenzung und sagte laut einem Bericht des „Aftenposten“ zu, die Regeln nach Olympia zu überdenken.

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