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Unsicherer Ausblick. Die Olympischen Ringe bleiben in Tokio. Doch alle Planungen müssen nun verändert werden.

© AFP

Update

Olympia-Organisation für Tokio 2021: Ein Turm von Problemen

Die Organisatoren müssen nach der Verschiebung auf 2021 zahlreiche Themen klären. Die dringendste Aufgabe dabei ist es, einen neuen Termin zu finden.

Von Johannes Nedo

Der Countdown läuft nicht mehr. Vor Tokios Hauptbahnhof steht eine große Uhr, die bisher die Stunden und Tage bis zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele am 24. Juli 2020 herunterzählte. Doch der Countdown wurde nun angehalten, es gibt ja auch noch keinen neuen Termin, bis zu dem man die Stunden und Tage hinzählen könnte. Die Uhr zeigt deshalb jetzt nur noch das aktuelle Datum.

Seit das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die japanischen Organisatoren am Dienstag mitteilten, dass die Sommerspiele und die anschließenden Paralympics wegen der Coronavirus-Pandemie erst 2021 stattfinden werden, muss in Tokio einiges angepasst werden – die Countdown-Uhr ist da nur das geringste Problem.

Auf die Schnelle wurde eine Arbeitsgruppe, eine sogenannte Task Force eingerichtet. Diese hat bereits am Donnerstag ihre Arbeit aufgenommen. Und die Aufgaben sind riesig. Yoshiro Mori, der Präsident des Organisationskomitees, hat also durchaus Recht, wenn er pathetisch sagt: „Von nun an stellen wir uns einer beispiellosen Herausforderung.“

Aufgabe Nummer eins ist es, einen neuen Termin zu finden. Neben dem Sommer 2021 soll auch ein Zeitraum im Frühjahr des nächsten Jahres eine Option sein, wenn es in Tokio kühler ist als im schwülen und heißen August. „Wir befinden uns in einem Wettlauf gegen die Zeit“, sagt Toshiro Muto vom Organisationskomitee. „Es gibt so viele Probleme, die nicht gelöst werden können, wenn der neue Termin für die Spiele nicht feststeht.“

Bei den Planungen müssen die Paralympics beachtet werden

Bei der Terminsuche muss sich die Task Force mit allen 33 internationalen Sportfachverbänden absprechen. Jeder Verband muss nun natürlich die eigenen Veranstaltungen anpassen – und versucht, für sich dabei noch das Beste herauszuholen. Die Leichtathleten, Schwimmer und Tischtennisspieler wollen etwa ihre Weltmeisterschaften im Sommer austragen. „Für Olympia plädieren wir auf April oder früher“, meldete schon mal der Präsident des Tischtennis-Weltverbands, Thomas Weikert, an. Wobei Mannschaftssportarten wie Fußball, Basketball oder Handball dagegen im Mai noch in der Endphase ihrer Saison stecken. Schon in diesem Jahr kann von einem geregelten Saisonfinale keine Rede sein. Eile ist also geboten. Das IOC beriet deshalb auch am Donnerstagabend schon mit den 33 Weltverbänden in einer Telefonkonferenz. „Es war eine gute Diskussion. Wir haben Stillschweigen über die Einzelheiten vereinbart“, sagte Thomas Weikert anschließend: „Das IOC will nun dem japanischen Organisationskomitee einen neuen Termin vorschlagen.“

Ein gewichtiges Wort bei der Festlegung des Termins haben auch die Fernseh-Anstalten. Vor allem der zahlungskräftige US-Sender NBC dürfte auf den ursprünglichen Termin im Sommer drängen, da zu dieser Zeit die großen Ligen ruhen. Das trifft auch auf Europa zu.

Bei den Planungen müssen ebenso die Paralympics beachtet werden. Die Spiele für Menschen mit Behinderung finden gewöhnlich nach den Olympischen Spielen statt. Sollten die Sommerspiele für den Mai 2021 geplant werden, könnte es bis zum Beginn der Fußball-Europameisterschaft am 11. Juni für die Paralympics allerdings knapp werden.

Eine weitere große Frage für die Tokio-Organisatoren ist, ob das Athletendorf für die rund 11 000 Sportlerinnen und Sportler samt ihren Betreuern bei Olympia sowie später die 4400 Paralympics-Teilnehmer auch 2021 noch verfügbar ist. Denn die meisten der mehr als 5000 Wohnungen des Athletendorfes sind bereits verkauft und sollten nach den Sommerspielen und den Paralympics in diesem Jahr eigentlich an private Eigentümer übergeben werden.

Die wichtigsten Sponsoren wollen die Treue halten

Außerdem nannte Muto Themen wie Kartenverkauf, Sicherheit, Transport oder Veranstaltungsorte, die dringend geklärt werden müssen. Einige der Anlagen sind nur temporär aufgebaut und müssten ein weiteres Jahr in Betrieb gehalten werden. Auch sind Hallen bereits für 2021 anderweitig ausgebucht. Überdies müssen die 80 000 freiwilligen Helfer neu koordiniert werden.

Es gebe zudem „Tausende von Verträgen“ und die Interessen der Rundfunkanstalten, Sponsoren des IOC, der Weltsportverbände und der Nationalen Olympischen Komitees. „Ich habe mir überhaupt nicht vorgestellt, dass wir in diesem Ausmaß getestet werden“, sagt Muto.

Dementsprechend konsterniert betonte Tokios Gouverneurin Yuriko Koike, die Stadt habe nun „eine enorme Aufgabe vor sich. Wir haben Probleme, die sich auftürmen“. Koike will daher auch das IOC bitten, sich an den Kosten zu beteiligen, die durch die Verlegung auf rund 2,4 Milliarden Euro geschätzt werden.

Immerhin gab es für die Organisatoren auch schon gute Nachrichten. Die wichtigsten 14 Sponsoren der Sommerspiele wollen dem IOC und dem Organisationskomitee auch 2021 die Treue halten. Doch auch sie warten auf den neuen Countdown. (mit dpa/Reuters)

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