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Hier pocht das Herz der Spiele. Beim Beachvolleyball sind die Fans schon früh wach und feiern bis spät durch.

© dpa

Olympia-Stimmung in London: Party an der Downing Street

London kriegt gar nicht genug von Olympia. Nicht nur bei den Beachvolleyballern herrscht Feierstimmung. Eine Reportage über die Stimmung dieser Spiele drinnen und draußen.

Das Publikum hatte Mitleid mit Heidemanns Gegnerin und tröstete sie mit Beifall

Für die deutsche Mannschaft ist an den ersten Tagen dieser Olympischen Spiele noch eine Disziplin dazugekommen: das Geduldsspiel. Zweieinhalb Tage musste sie warten, bis auch eine aus ihrem Kreis die erste Medaille umgehängt bekam. Und es traf eine, die in ihrem eigenen Wettbewerb ebenfalls noch einmal lange ausharren musste, ehe ihr Erfolg feststand.

Britta Heidemann hat jedenfalls die erste Medaille für das deutsche Olympiateam gewonnen. Etwas weniger erfreulich war, wie Britta Heidemann ins Degenfinale kam, in dem sie am Ende unterlag und der Ukrainerin Jana Schemjakina die Goldmedaille überlassen musste. Es wurde eine Hängepartie.

Eine halbe Stunde musste Heidemann, die Olympiasiegerin von 2008, nach dem Halbfinale warten, bis sie wusste, ob sie wirklich das Finale erreicht hatte. Heidemann hatte ihre Gegnerin Shin A-Lam aus Südkorea getroffen. Ob in allerletzter Sekunde oder erst nach Ablauf der Uhr, das wurde zum Streitpunkt. Die Schiedsrichterin erklärte Heidemann zur Siegerin. Ihr Treffer war schließlich der zum 6:5. Heidemann brüllte sich die Freude aus dem Körper, während die Südkoreanerin am anderen Ende der Planche in Tränen ausbrach.

Der südkoreanische Trainer beschwerte sich sogleich beim Technischen Komitee. Die Uhr sei schon abgelaufen gewesen. So standen sich Heidemann und Shin A-Lam eine knappe halbe Stunde wartend gegenüber, während unterhalb der Planche neun Männer und zwei Frauen heftig diskutierten. Es gab abwehrende und beschwichtigende Handbewegungen, Regelwerke wurden in die Luft gehalten. „Wahrscheinlich haben sie diskutiert, was sie in Zukunft ändern müssen. Wir haben häufig Probleme mit der Uhr“, spöttelte Heidemann. „Ich habe mich schon oft aufgeregt, dass wir nur in Sekunden zählen und nicht in Zehntel oder Hundertstel.“

Die Schiedsrichterin kam nach einer halben Stunde wieder an die Planche und erklärte Heidemann zum zweiten Mal zur Siegerin. Ein zweites Mal führte die nun ihr Freudentänzchen auf und brüllte durch die Halle. „Es gab nichts zu diskutieren. Ich habe einen regulären Treffer gesetzt. Allerdings hätte ich mir einen anderen Finaleinzug gewünscht“, sagte Heidemann, „ich kann die Koreanerin sehr gut verstehen.“

Shin A-Lam blieb einfach auf der Planche sitzen. Wäre sie aufgestanden und gegangen, hätte sie dadurch ganz formal das Urteil des Technischen Komitees anerkannt. Doch ihr Trainer legte einen schriftlichen Protest ein, und die Wettkampfleitung musste sich ein zweites Mal zum Beraten zusammenfinden. Das Publikum feuerte die Südkoreanerin bei ihrem Sitzstreik frenetisch an. Zwischendurch brachte ihr eine Helferin des Organisationskomitees eine Flasche Wasser. Nach einer weiteren halben Stunde kam ein koreanischer Trainer zu ihr, dann ein Offizieller, um ihr die endgültige Entscheidung zu übermitteln. Protest abgelehnt, lautete sie. Zwei Offizielle führten sie von der Planche, das Publikum klatschte ihr dabei stehend Beifall.

Das Finale hatte sie verpasst. Heidemann dagegen konnte versuchen, ihre Goldmedaille von Peking zu verteidigen. Das Finale war bis zum letzten Treffer offen. 3:5 lag Heidemann zurück, kam aber wieder heran, ab 6:6 trafen jeweils beide Fechterinnen. Am Schluss traf dann allerdings die Ukrainerin. „Ich hätte gern den letzten Treffer gesetzt. Aber ich kann ja nicht immer Erste sein“, sagte Heidemann, die nach ihrer Finalniederlage keineswegs deprimiert wirkte.

Im Gefecht um Bronze gab das Publikum alles, um die Südkoreanerin Shin A-Lam zu unterstützen. Nach dieser knappen und für sie unglücklichen Entscheidung wollte das Publikum sie nicht ohne Einzelmedaille nach Hause fahren lassen. Doch sie unterlag der Chinesin Sun Yujie 11:15. Die Spiele von London haben ihre erste Olympiasiegerin der Herzen.

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