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Tibet

© AFP

Olympia: Tibet spielt nicht mit

Eine Mannschaft aus Exil-Tibetern wollte an Olympia in Peking teilnehmen - das IOC erkennt sie nicht an.

Der Traum, den Dominik Kelsang Erne bis vor kurzem hatte, ist ihm jetzt nichts mehr wert. Der Tischtennisspieler aus Zürich wollte an den Olympischen Spielen in Peking teilnehmen. Für Tibet, das Land seiner Mutter. Aber das kann sich der 27-Jährige nicht mehr vorstellen. "Wie soll ich denn zu Olympia nach China fahren, wenn parallel dazu unser Volk zerstört wird?", fragt er. Gemeinsam mit 30 anderen Sportlern gehört er dem Team Tibet an, das im August nach Peking fahren wollte, um gleich zwei Ziele zu erreichen: am sportlichen Wettbewerb teilzunehmen und auf die Lage der Tibeter aufmerksam zu machen.

Nach den jüngsten Ausschreitungen in Tibet will Erne nun nicht mehr, die anderen dürfen ohnehin nicht. Am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, waren sie nach Lausanne zum Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gefahren, um ihre Mannschaft anzumelden. Zuvor hatten sie schon ein Nationales Olympisches Komitee Tibets gegründet, in der Schweiz, denn dort leben die meisten Exiltibeter Westeuropas. Es sind 2500. In Lausanne baten sie zwei freundliche Herren herein und lehnten dann ihr Anliegen ab. "Es war sehr diplomatisch", sagt Erne. Die Begründung der olympischen Sportfunktionäre: Tibet sei kein souveräner Staat. Nur souveräne Staaten könnten eine Mannschaft zu den Spielen schicken. Alle anderen Länder betrachten Tibet als Bestandteil Chinas und erkennen es nicht als unabhängigen Staat an.

Auch ohne selbst mitzuspielen, geht es für Dominik Kelsang Erne aber gerade fast jeden Tag um die Olympischen Spiele. Am Samstag hat er gemeinsam mit 2000 Menschen vor dem chinesischen Konsulat in Zürich demonstriert, an diesem Dienstag will er das IOC in Lausanne auffordern, sich für sein Volk einzusetzen. Das IOC solle nicht einfach zuschauen, wie chinesische Sicherheitskräfte Demonstranten in Tibet niederkämpfen. "Ich weiß, dass das IOC keine politische Organisation ist, aber es hat trotzdem großen Einfluss. Das IOC muss hinsehen, was dort passiert, vielleicht mit einer Delegation", sagt Erne, der in der Schweiz in der zweiten Liga spielt.

Eines hat er allerdings für sich entschieden: "Ich will keinen Boykott der Spiele, die Athleten können ja nichts dafür." Mit der Frage des Boykotts befassen sich gerade auch viele andere im Exil lebende Tibeter. Für die Tibet Initiative Deutschland wäre ein Boykott erst das äußerste Mittel. Zunächst gehe es um drei andere Forderungen. "Wir wollen, dass eine unabhängige UN-Delegation die Lage in Tibet untersucht, dass der olympische Fackellauf nicht durch Tibet geht und das IOC mehr Druck auf China ausübt", sagt Sprecherin Anna Momburg-Vanderpool und ergänzt: "Eigentlich hat es China nicht verdient, die Spiele auszutragen."

Das internationale Tibet-Netzwerk in London hat sich schon festgelegt. "Wir wollen einen Boykott", sagt ein Sprecher. Ein großes Podium für diese Forderung erhält die Organisation am 6. April. Dann kommt der olympische Fackellauf durch London. Mit 20 000 Demonstranten rechnen die Veranstalter.

In London kreuzen an diesem Tag zwei Flammen den Weg. Die offizielle für Peking und die alternative der Tibeter. Sie haben ihr Feuer am 10. März in Olympia entzündet und wollen mit ihrer Fackel bis nach Tibet laufen. "Ich gehe davon aus, dass sie nur bis zur Grenze kommt", sagt Momburg-Vanderpool.

Nach Tibet selbst soll nur die offizielle Fackel getragen werden dürfen, bis hinauf zum höchsten Punkt der Erde, dem Mount Everest. Das empfinden die Tibeter als Provokation - die Fackel in Tibet, aber Olympia ohne Tibeter. So soll es auch nicht bleiben, Dominik Kelsang Erne hat schon einen neuen sportlichen Traum: die Olympischen Spiele 2012 in London. "Da wollen wir auf jeden Fall dabei sein." Für sich und für Tibet.

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