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Sport: Olympische Spiele 2008: Mein Herz so warm

Wenn der offizielle englische Slogan für Osakas Olympiabewerbung für 2008 als Maßstab der Bewerbung gilt, dann ist schon alles verloren - und zwar lange bevor das Internationale Olympische Komitee am Freitag in Moskau die Entscheidung über den Austragungsort fällt. "Warm Hearts Together (Cocolo Olympic Games)" heißt das Produkt eines landesweiten Wettbewerbs, zu dessen Ergebnis keiner mehr so richtig stehen will.

Wenn der offizielle englische Slogan für Osakas Olympiabewerbung für 2008 als Maßstab der Bewerbung gilt, dann ist schon alles verloren - und zwar lange bevor das Internationale Olympische Komitee am Freitag in Moskau die Entscheidung über den Austragungsort fällt. "Warm Hearts Together (Cocolo Olympic Games)" heißt das Produkt eines landesweiten Wettbewerbs, zu dessen Ergebnis keiner mehr so richtig stehen will. "Osakas Olympia-Slogan würde keine einzige Goldmedaille gewinnen", titelte im Dezember die "Japan Times". "Um Gottes willen! Wer war der Idiot, der solch einen blöden Spruch ausgewählt hat, der noch nicht einmal normales Englisch ist?", sagt ein kanadischer Lehrer, der ein halbes Jahr in Osaka lebte. Das Wort "cocolo" erschließt sich keinem Ausländer. Das Wort stammt aus dem Satz "kokoro o tsunaga itsutsu no rin", was heißen soll, dass "die fünf Ringe die Herzen zusammen binden". Und warmherzig hätten sich die Stadtväter Osakas schon gerne dargestellt.

Das scheint auch nötig zu sein, denn Osakas Einwohner haben mit den Berlinern gemein, dass man sie für nicht besonders freundlich hält. Im Vergleich zu den Bürgern Kobes und Kyotos gelten sie als ungeduldig und grob. Viele Bürger Osakas fürchten im Fall einer erfolgreichen Bewerbung eine Anhebung der Steuern. Und wenn durch die Olympischen Spiele die Einwohnerzahl von 2,6 Millionen durch neue Pendler ansteigt und dann täglich 146 000 Olympia-Besucher kommen, dann ist die Stadt mit ihrer ohnehin schwierigen Verkehrsinfrastruktur überlastet. Bei einer großen Asien-Pazifik-Wirtschaftskonferenz 1995 hingen in der ganzen Stadt Plakate mit der Aufforderung an die Bürger, zu den Gästen höflich zu sein. Im Falle von Olympischen Spielen müsste diese Kampagne wohl wiederholt werden.

Ein weiterer heikler Punkt ist die Hitze. Tagsüber liegt der Schnitt für Ende Juli, Anfang August bei mehr als 30 Grad, die Luftfeuchtigkeit beträgt 60 Prozent. Auch beim Geld gibt es Probleme. Die Organisatoren rechneten im Februar mit Kosten von 200 Milliarden Yen, davon sollten nur 20 Prozent aus US-Fernsehrechten und zehn Prozent aus Europa wieder hereingeholt werden.

Hauptaustragungsort der Spiele sollen die beiden künstlichen Inseln Yameshima und Maishima in der Bucht von Osaka sein. Fußball soll in Hiroshima, Kyoto, Yokohama und Saitama gespielt und die Ruder- und Kanuwettkämpfe könnten auf dem Biwa-See ausgetragen werden. Auf Maishima ist ein Stadion für 80 000 Zuschauer geplant. Unglücklicherweise hat man im Februar auf dieser Insel Methangas und Dioxin entdeckt, was nicht nur Umweltgruppen auf den Plan ruft. Umwelt und Sicherheit sind Kriterien, die das IOC hoch bewertet. Noch wichtiger aber dürfte der Punkt öffentliche Unterstützung sein. Osaka geht von 75 Prozent Zustimmung aus, eine Umfrage des Internationalen Olympischen Komitees ergab aber nur 52 Prozent. Das ist die niedrigste Zustimmung unter allen fünf Mitbewerbern.

Nach dem kritischen Bericht des IOC nach dem Besuch Osakas ist die Stimmung auch bei den Unterstützern gedämpft. In Peking sollen 95 Prozent der Bürger hinter der Bewerbung stehen, wird in Japan kolportiert. Aber: "Wenn Menschenrechte wirklich ein Argument sind und das IOC wirklich die Spiele nach Asien vergeben will, dann ist Osaka die logische Wahl", wird ein Student in der "Japan Times" zitiert.

Außer diesem Studenten und dem Bürgermeister rechnet allerdings so recht niemand mehr mit einem Zuschlag. Die Verkehrsinfrastruktur und die finanzielle Situation der Stadt stehen der Bewerbung im Wege. Die Straßen sind zu eng und überfüllt, die Wettkampfstätten zu weit voneinander entfernt, die Präfektur Osaka ist de facto bankrott und die Stadt hat fünf Billionen Yen Schulden.

Und dann hat man wohl noch versucht, IOC-Mitglieder zu den Ostasien-Spielen einzuladen, wovon das japanische Olympische Komitee dringend abgeraten hatte, da dies nach den neuen Regeln nicht mehr erlaubt ist. "Nur noch knochenharte Optimisten oder ein Verrückter können noch an einen Zuschlag für Osaka glauben", schrieb schon am 29. Mai die "Japan Times". Ein schwerer Schlag für Osakas Bürgermeister Takafumi Isomura, der aus Osaka eine Sportstadt machen wollte. Schon die Ostasienspiele hatten einen eher mäßigen Zuspruch, der auch noch zum Teil durch Discount-Tickets für Betriebe zustande kam. Von "cocolo" und "warmen Herzen" keine Spur. Es ist gut möglich, dass sich Bürgermeister Takafumi Isomura nach der Entscheidung eher warm anziehen muss. Er ist schließlich für die Bewerbung verantwortlich.

Bis Freitag stellen wir in täglichen Folgen die fünf Olympiabewerber für 2008 vor. Istanbul machte gestern den Anfang. Nach Osaka folgen Toronto, Paris und Peking.

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