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Sport: Opfer – Täter – Opfer?

Felix Zwayer gilt als Aufklärer des Fußballskandals – trotzdem wird er belastet

Berlin - In der vergangenen Woche war Felix Zwayer noch ein Held. Mit seiner Aussage hatte der 23 Jahre alte Berliner Schiedsrichter einen der größten Skandale im deutschen Fußball aufgedeckt. Auf einmal war Zwayer der „Kronzeuge“ gegen seinen Kollegen Robert Hoyzer, der inzwischen die Manipulation von Fußballspielen gestanden hat. Doch das war vergangene Woche. Jetzt ist kaum noch die Rede davon, dass sich Zwayer für die Gerechtigkeit im Fußball eingesetzt hat. Zwayers Name findet sich jedenfalls unter jenen 13 Verdächtigen, die Hoyzer bei seiner Vernehmung der Staatsanwaltschaft genannt haben soll.

Zwayers Aufklärung in eigener Sache findet nun ebenso im Verborgenen statt wie die Aufklärung gegen Hoyzer. Der Schiedsrichter weiß sehr wohl, wie groß die Notwendigkeit einer öffentlichen Erklärung ist. Gestern fand er sich mit den anderen Verdächtigen auf der Titelseite von „Bild“ wieder – in einer Aufmachung, die eigentlich Schwerverbrechern vorbehalten ist. Aber öffentlich erklären will er sich dennoch nicht. Gestern verschickte sein Rechtsanwalt Uwe Freyschmidt eine kurze Pressemitteilung: „Herr Zwayer erklärt, dass er weder als Linien- noch als Schiedsrichter Spiele manipuliert hat. Er distanziert sich insoweit von den in der Presse erhobenen Vorwürfen.“

Zwayer selbst hatte zuvor gesagt: „Ich habe ein sehr reines Gewissen.“ Seine Verteidigungsarbeit ist schwierig. Er soll sich einerseits entlasten, andererseits aber keine Einzelheiten aus dem Ermittlungsverfahren preisgeben. So bleiben einige Rätsel. Zum Beispiel dies: Warum wollte Hoyzer seinen Kollegen Zwayer in seine krummen Geschäfte einbeziehen, obwohl sich beide nicht besonders gut verstanden haben sollen?

Beide gehörten zur Schiedsrichtergruppe von Hertha BSC und zur Schiedsrichter-Lehrgemeinschaft Charlottenburg. Dort war Hoyzer Vorsitzender, Zwayer sein Stellvertreter. Vor dem Zweitligaspiel Essen gegen Köln soll Hoyzer ihn ermuntert haben, seine Unparteilichkeit für neunzig Minuten aufzugeben. Eine Erklärung dafür wäre, dass Hoyzer seinen jüngeren Kollegen für beeinflussbar hielt. Zwayer ist zwei Jahre jünger und Auszubildender in der Immobilienbranche. Gut möglich, dass Hoyzer glaubte, Zwayer sei verführbar. Ein anderer Schiedsrichter sagt jedoch: „Hoyzer hat in seiner naiven Art nicht damit gerechnet, dass andere Menschen nicht so materialistisch eingestellt sind wie er.“

Zwayer wird als intelligent und verlässlich beschrieben. Keiner kann sich vorstellen, dass er seine Schiedsrichterkarriere für ein paar hundert Euro aufs Spiel gesetzt haben könnte. Um ein paar hundert Euro geht es nun nämlich. Bei einem Fest der Schiedsrichter-Lehrgemeinschaft Charlottenburg feierte Zwayer auch seine Beförderung zum Regionalliga-Schiedsrichter. Als er die Rechnung bezahlen wollte, kam ihm Hoyzer zuvor. Um etwa 300 Euro sei es gegangen. „Dazu kann ich nichts sagen“, erklärt Zwayer. In Hoyzers Umfeld ist von der Rechnung nichts bekannt. Wollte Hoyzer seinen jüngeren Kollegen „anfüttern“ und dadurch gefügig machen, so wie es die drei inzwischen verhafteten mutmaßlichen Wettbetrüger aus dem Café King auch mit Hoyzers gemacht haben sollen?

Vor allem aber bleibt die Frage, warum Zwayer nun auch zu den Verdächtigen gerechnet wird. Insider glauben an einen Racheakt Hoyzers gegenüber Zwayer, weil der ihn verpfiffen habe. Zwayer wird nun seinen eigenen Ruf wiederherzustellen versuchen. Es wird ihm sicher bewusst sein, dass dies länger dauern wird als die öffentliche Wandlung vom Aufklärer zum Verdächtigen.

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