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Beatrice Vio (links) feierte bei den Paralympics in Rio ihren bisher größten Erfolg.

© imago/Xinhua

Para-Fechterin aus Italien: Bebe Vio zeigt, dass alles möglich ist

Als Kind wurden Bebe Vio Arme und Beine amputiert, doch das Fechten gibt ihr neue Kraft. Heute gehört die Italienerin zu den erfolgreichsten Para-Sportlern.

Beatrice Vio ist erst seit Kurzem raus aus dem Krankenhaus. Beide Unterarme und Unterschenkel mussten ihr aufgrund einer akuten Meningitis amputiert werden, im Gesicht hat sie große Narben. Sie muss lernen, ihre Prothesen richtig einzusetzen, wieder zu greifen, zu laufen, zu leben. Sie ist erst zwölf Jahre alt und vielleicht ist es ihre kindliche Naivität, die sie ihrem Vater sagen lässt, dass sie wieder fechten will.

Seit Bebe, wie sie von allen genannt wird, fünf Jahre alt ist, ist der Sport ihre große Leidenschaft, ihr Vater Ruggero will ihr aber keine falschen Hoffnungen machen. „Dafür braucht man das Handgelenk und die Finger“, sagt er ihr. „Wie willst du das machen? Niemand hat das bisher gemacht.“ Doch das Mädchen lässt nicht locker. „Das heißt nicht, dass es unmöglich ist. Lass es uns versuchen.“

Fechten gibt ihr neue Kraft

Bebe Vio hat es versucht. Und sie hat es geschafft. Ungefähr ein Jahr nach ihrer schweren Erkrankung beginnt sie wieder mit dem Fechten, mittlerweile ist sie mit dem Florett mehrmalige Europameisterin, Weltmeisterin und hat 2016 in Rio de Janeiro die Goldmedaille bei den Paralympics geholt. Bebe Vio hat mit ihren 22 Jahren schon mehr erlebt, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben.

Alles beginnt mit einer schockierenden Diagnose. Mit elf Jahren erkrankt sie Ende 2008 plötzlich an einer akuten, besonders aggressiven Art der Meningitis. Die Hirnhautentzündung verursacht eine großflächige Infektion und Nekrosen an Armen und Beinen. Sie schwebt in Lebensgefahr und ihre Gliedmaßen müssen amputiert werden. Sie liegt dreieinhalb Monate im Krankenhaus und muss sich zurück ins Leben kämpfen.

Bei Bebe Vio ist das durchaus wörtlich zu verstehen, denn das Fechten gibt ihr neue Kraft, ein neues Ziel. Sie ist extrem ehrgeizig und wird von ihrer Familie dabei unterstützt. Die Skepsis bei Vater Ruggero weicht schnell der Begeisterung. Bebe Vios Eltern gründen die Stiftung „Art4Sports“, die Kindern und Jugendlichen hilft, nach Amputationen wieder Sport zu treiben. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie sehr Sport hilft“, sagt Bebe Vio 2017 im Rahmen des Laureus Awards, den sie als Para-Sportlerin des Jahres gewinnt.

In Tokio will Bebe Vio erneut ganz oben stehen

Für sie werden spezielle Prothesen angefertigt, und der Sportdachverband muss sogar die Regeln ändern, denn beim Rollstuhlfechten sind Teilnehmerinnen mit amputierter Führhand bisher einfach nicht vorgesehen. Die meisten ihrer Gegnerinnen haben Verletzungen der Wirbelsäule erlitten, haben aber voll funktionsfähige Arme. Dennoch findet sich Vio erstaunlich schnell mit der neuen Situation zurecht und dominiert ihre Wettkampfklasse mit dem Florett. Auch bei den Paralympics im kommenden Sommer in Tokio ist sie wieder eine der großen Favoritinnen.

In Italien ist sie schon vor ihren ersten großen Titeln zu dem Gesicht des Behindertensports. Mit ihrer positiven Art, ihrem Humor und ihrer Offenheit spricht sie in zahlreichen Fernsehsendungen über ihre Geschichte. Ihre Prothesen vergleicht sie mit den Gliedmaßen von Robocop, ihre Verletzungen und Narben gehörten einfach zu ihr. „Ohne sie würde ich mich gar nicht mehr wiedererkennen“, schreibt sie in ihrer Biografie.

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2012 darf sie das olympische Feuer bei den Paralympics in London tragen, ihr größter sportlicher Moment folgt aber erst vier Jahre später. In Rio gewinnt sie im Einzelwettkampf Gold sowie Bronze mit der Mannschaft. Ihr Freudenschrei beim entscheidenden Treffer wird im italienischen Fernsehen mit dem ikonischen Jubel des Fußballers Marco Tardelli beim WM-Triumph 1982 verglichen.

Wenige Monate später, im Oktober 2016, wird Bebe Vio zu einem Staatsessen ins Weiße Haus eingeladen und setzt sich für ein Selfie mit US-Präsident Barack Obama über das offizielle Protokoll hinweg. Auf Twitter postet sie das Foto passend mit einem Satz, der auch ihr Lebensmotto sein könnte. „Es ist nicht möglich? Tut mir leid, diese Worte verstehe ich nicht.“

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