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Eng beisammen. Mönchengladbach ist Dritter, der VfL liegt auf Rang fünf. Foto: AFP

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Sport: Parallelkurve nach oben

Wolfsburg und Mönchengladbach sind nach dem FC Bayern die stabilsten Bundesligisten – und haben sich weit nach vorn gearbeitet.

Mönchengladbach - Der Angriff kam vollkommen überraschend. Klaus Allofs, der Manager des VfL Wolfsburg, wurde von hinten gepackt, und nach allem, was sich zuvor am Spielfeldrand zugetragen hatte, musste man mit einer neuen Eskalationsstufe rechnen. Doch Rainer Bonhof, der Vizepräsident von Borussia Mönchengladbach, kam in friedlicher Absicht. Er drückte Allofs an seine Brust und umarmte ihn. „Schönes Spielchen, oder?“, fragte Bonhof. Gut, dass er nicht an Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking geraten war, der die 90 Minuten im Zustand permanenter Erregung miterlebt hatte. Schönes Spielchen? „Ein super Fußballspiel“ hatte Hecking gesehen. Genau das also, was herauskommt, wenn die beiden Mannschaften aufeinandertreffen, die zuletzt, jenseits der Bayern, die vermutlich stabilsten der Fußball-Bundesliga waren.

Der VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach haben sich in den vergangenen Wochen in einer Art Parallelverschiebung der Tabellenspitze genähert, und das aufregende 2:2 zum Abschluss des Fußballjahres 2013 diente beiden als Beleg, dass ihre erfreulichen Zwischenbilanzen nicht dem Zufall entspringen. „Wir wollten richtig dagegenhalten und zeigen, dass wir zu Recht da oben stehen“, sagte Klaus Allofs. „Das haben wir geschafft.“ Seine Mannschaft war die erste, die in dieser Saison überhaupt einen Punkt im Mönchengladbacher Borussia-Park erbeutete; seit neun Spielen ist der VfL nun schon unbesiegt, bei den Gladbachern sind es immerhin acht.

Durch den einen Punkt zog die Mannschaft von Trainer Lucien Favre zum Ende der Hinrunde sogar an Borussia Dortmund vorbei und überwintert auf einem Champions-League-Platz. Dass der Schweizer trotzdem einen sichtlich unzufriedenen Eindruck machte, lag weniger am Ergebnis des Spiels als an dessen Verlauf. Nachdem die Gladbacher aus einem 0:1 binnen fünf Minuten ein 2:1 gemacht hatten, verspielten sie durch eine einzige Unachtsamkeit kurz vor Schluss doch noch den Sieg. Ob er sich mehr über den Sprung auf Platz drei freue oder über die verlorenen Punkte ärgere, wurde Borussias Mittelfeldspieler Granit Xhaka daher gefragt. „Warum verlorene Punkte?“, antwortete er. Sein Trainer Lucien Favre wertete es als „ein gutes Signal, dass wir so enttäuscht sind, wenn man gegen eine so gute Mannschaft wie Wolfsburg 2:2 spielt“.

Der VfL Wolfsburg ist längst kein Gegner mehr, den man mal eben aus dem Stadion spielt. Die Mannschaft zeichnet sich durch eine hohe taktische Reife aus, wie eigentlich alle Mannschaften, die von Dieter Hecking angeleitet werden. Die individuelle Qualität von Profis wie Diego, Maximilian Arnold, Daniel Caligiuri und Luiz Gustavo hat dadurch ein stabiles Fundament bekommen. Es war beeindruckend, mit welch läuferischem Eifer die Wolfsburger den Gladbacher Kombinationsfußball erfolgreich unterbinden konnten. Am Ende waren sie sieben Kilometer mehr gelaufen als die keineswegs faulen Borussen. „Der Weg geht weiter“, sagte Dieter Hecking nach der erfolgreichsten Bundesliga-Hinrunde der Wolfsburger Vereinsgeschichte. „Wir sind noch nicht am Ende.“

In Mönchengladbach ahnen sie, dass sie zumindest für diese Saison mit Platz drei das Maximum bereits übertroffen haben. „Wir dürfen jetzt nicht anfangen, durchzuknallen“, sagte Borussias Sportdirektor Max Eberl. Natürlich ist die Bilanz der Gladbacher für sich gesehen beachtlich. Die Mannschaft verfügt vor allem in der Offensive über eine herausragende Qualität. Die vier Offensivspieler Max Kruse, Patrick Herrmann, Juan Arango und Raffael waren – entweder als Schütze oder als Vorbereiter – an 34 der 35 Tore beteiligt. Raffael erzielte gegen Wolfsburg seinen neunten Saisontreffer – besser war er nie. Als seine Mannschaft am Sonntag in Rückstand geriet, war es der früher so schüchterne Brasilianer, der den Widerstand gegen die Niederlage anführte.

Trotzdem wissen sie bei der Borussia, dass Platz drei nur geborgt ist und zu guten Teilen auch der aktuellen Schwäche der Dortmunder zu verdanken ist. Das alles kann sich schnell wieder ändern. Lucien Favre ist sich sicher, dass die natürliche Ordnung im neuen Jahr schnell wiederhergestellt wird. „Nummer eins Bayern“, sagte er. „Nummer zwei Dortmund. Punkt.“ Stefan Hermanns

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