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Was ist Goalball? "Goalball wird auf dem Volleyballfeld auf zwei Tore gespielt", erklärt Bundestrainer Johannes Günther: "Ein Team besteht aus drei Spielern. Der Klingelball ist so groß wie ein Basketball und darf gerollt oder geworfen werden. Dann muss er aber alle sechs Meter einmal den Boden berühren. Die Spieldauer beträgt 2x12 Minuten. Obwohl es still ist in der Halle, ist der Sport sehr attraktiv, da es ständig Wechsel zwischen Offensive und Defensive gibt und immer was los ist. Im Internet gibt es viele Videos, die das anschaulich zeigen."

© Andreas Henke

Paralympics: Deutsche Goalballer erfüllen sich einen Traum

Die deutsche Goalball-Nationalmannschaft hat sich für die Paralympics in Rio qualifiziert. Nicht einmal die Spieler selbst hatten damit gerechnet.

Ein halbes Jahr mussten sie zittern. Dann war die Sensation perfekt: Die deutsche Goalball-Nationalmannschaft darf im nächsten Jahr zu den Paralympics nach Rio de Janeiro und nimmt nach 2004 in Athen erstmals wieder am zweitgrößten Sportevent der Welt teil. Ausschlaggebend war dafür der Sieg Chinas bei den Asienmeisterschaften, durch den das deutsche Team ins Starterfeld nachrücken durfte.

„Die Woche war brutal für mich. Wenn du dein sportliches Schicksal in fremde Hände legen musst, ist das viel härter, als wenn Du selbst bei einem Turnier spielst“, sagt Bundestrainer Johannes Günther, der per Whatsapp von Sportlern anderer Nationen informiert wurde. „In China ist das schwierig über Facebook. Daher hat mein Handy nachts dann immer geklingelt. Vor allem ab dem Halbfinale war das schwierig, denn da wusste ich, dass China nur einmal verlieren musste, damit unser Traum vorbei wäre“, sagt der 33-jährige Lehrer, dessen Team vom Sieg der Chinesen abhängig war: „Als die Nachricht dann kam, dass China gewonnen hatte, war ich erst fassungslos, dann kam eine riesige Freude und natürlich auch die ein oder andere Träne.“

Günther hat die Nationalmannschaft 2010 im B-Pool zusammen mit Stefan Weil übernommen, als Deutschland zweitklassig war. Zusammen folgte direkt der Aufstieg, im Folgejahr erreichte man als Siebter gerade so noch den letzten Nichtabstiegsplatz. Günther und Weil schufen in Marburg Strukturen, dass die Spieler am paralympischen Stützpunkt täglich trainieren können, bald soll sogar ein zweiter Stützpunkt in Rostock entstehen. Lohn des ganzen Aufwands war der vierte Platz bei der Europameisterschaft 2013, wie Bundestrainer Günther sagt: „Dadurch durften wir dann überhaupt erst an den Qualifikations-Turnieren in Richtung Rio teilnehmen.“

Bei den World Games in Korea ging es im Mai diesen Jahres gleich um drei Startplätze für Rio. Deutschland wurde sensationell Fünfter, genau wie bei der Europameisterschaft im Juli: „Und da die Türken bei der EM gewonnen haben und in Korea Vierter waren, hatten sie ihren Paralympics-Startplatz durch den EM-Sieg sicher. Deshalb mussten wir nur noch hoffen, dass China Asienmeister wird, um dabei zu sein.“

Zwischenzeitlich drohte der deutschen Mannschaft sogar der Abstieg in den B-Pool

Dabei hätte es bei der EM in Litauen auch ganz anders kommen können: Nach zwei deutlichen Niederlagen zu Beginn stand das Goalball-Nationalteam schon vor dem Abstieg in den B-Pool, bevor man dann Slowenien zum Ende der Vorrunde besiegen konnte. Paralympics-Sieger Finnland war im Viertelfinale dann zu stark, doch durch Siege gegen die Ukraine und Belgien blieb am Ende Rang fünf. „Wir sind sehr zufrieden, vor der EM wären wir schon glücklich gewesen, nicht abzusteigen. Wir haben schließlich eines der jüngsten Teams“, sagt Günther, der in diesem Jahr auch die U19 schon zum Weltmeister-Titel geführt hat.

Durch den Stützpunkt in Marburg wurde auch die Nachwuchsförderung vorangetrieben, während andere Sportarten immer Nachwuchssorgen äußern. „Wir haben 2012 mit einem U16-Sichtungsturnier angefangen, seit 2013 ist Goalball auch bei Jugend trainiert für Paralympics dabei. Es ist schwierig für uns, weil Goalball als einzige Sportart kein Pendant im Nichtbehindertenbereich hat. Aber hier in Marburg gibt es das einzige Gymnasium für Blinde und Sehbehinderte, wo wir unsere Spieler sichten können. Die Inklusion ist für uns in diesem Zusammenhang natürlich eine riesige Herausforderung, da sehbehinderte Jugendliche an Regelschulen unseren Sport nicht ausüben können“, sagt Günther, der noch anmerkt: „Unsere Spieler gehen zur Schule, studieren oder arbeiten, in anderen Ländern wie Brasilien sind Goalballer und Trainer teilweise Profis.“

Ende November startet die Rio-Vorbereitung bereits bei einem Turnier in Madrid. Und auch wenn Deutschland als letztes europäisches Team nachrücken konnte, hat Günther für sein junges Team klare Ziele, was die Paralympics angehen: „Eigentlich war unser Ziel Tokio 2020, dass es nun mit Rio schon klappt, ist umso schöner. Wir sind dort kein Kanonenfutter. Goalball ist ein Haifischbecken, in dem jeder jeden schlagen kann. Deshalb ist unser Minimalziel das Viertelfinale – und wenn man da gewinnt, hat man ja zumindest schon ein Medaillenspiel um Bronze sicher.“

Nico Feißt

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