zum Hauptinhalt
Swetlana Moschkowitsch ist derzeit nicht sehr ausgelassen, die Russin darf nicht in Rio starten.

© promo

Paralympics in Rio de Janeiro: Swetlana Moschkowitsch und die Fehler im System

Russlands Athleten sind bei den Paralympics in Rio gesperrt. Handbikerin Swetlana Moschkowitsch sieht sich zu Unrecht mitverurteilt.

Sie war allein. Die Handbikerin Swetlana Moschkowitsch trainierte zuletzt für sich in Italien, während ihr Trainer Ralf Lindschulten mit den deutschen und schwedischen Handbikern in den USA die letzten Einheiten vor den Paralympics absolvierte. Die russische Zeitfahr-Weltmeisterin war nicht dabei in Lindschultes Trainingsgruppe, weil ihre Chancen auf eine Teilnahme an den Spielen in Rio de Janeiro auf Null gesunken waren.

Denn nachdem die russischen Athleten von den Paralympics wegen Staatsdopings ausgeschlossen worden waren, fiel das auch auf sie zurück. Dabei sieht sich die 33-Jährige als Opfer der Kollektivsperre Russlands. Moschkowitsch, die in Krasnojarsk in Sibirien geboren ist, trainiert und studiert seit vielen Jahren im österreichischen Innsbruck.

Ihre Situation als Individualsportlerin im Ausland hatte ihr eigentlich Hoffnung gegeben, doch noch in Rio starten zu dürfen. Moschkowitsch lebt eben nicht in Russland und ist daher auch nicht den russischen Sportstrukturen unterworfen. Und so reichte sie mit sechs anderen Athleten eine Anfrage beim Internationalen Sportgerichtshof Cas ein. „Ich habe alle Fakten und Dokumente als Beweis offengelegt, dass es keinen Grund gibt, mich von den Paralympics auszuschließen“, erklärte sie. Doch der Cas lehnte dies ab.

Moschkowitschs Trainer kritisiert die Verbände

Über diese Entscheidung ist auch ihr Trainer Lindschulten überaus enttäuscht. „Es hätte sogar kurzfristig eine Anhörung beim Cas geben können. Doch drei bis vier Tage zur Einreichung aller Akten war dem IPC zu kurzfristig“, kritisiert der Hannoveraner Sportwissenschaftler das Internationale Paralympische Komitee. „Für Swetlana ist in dem Moment die Welt untergegangen. Für ihre und meine Arbeit ist das wirklich schlimm. Drei Jahre haben wir auf den einen Tag hingearbeitet.“

Lindschulten gilt als einer der besten Handbike-Trainer der Welt. In der Regel betreut er seine Athleten so, dass er Trainingspläne schreibt, die individual umgesetzt werden. „So muss ich nicht immer vor Ort sein“, betont er. Bei großen Veranstaltungen und Trainingslagern sieht er seine Sportler ebenso wie bei den Leistungsdiagnostiken in Hannover. Bei Moschkowitsch waren die gemessenen Werte nie auffällig. Zu beachten bleibt jedoch, dass durch die Leistungsdiagnostiken nur ein konstanter Trainingsaufbau nachgewiesen werden kann und nicht, ob auch illegale Mittel genommen worden sind.

Moschkowitsch will trotzdem nach Rio reisen

Dass sie diesen Trainingsaufbau ohne Doping erreichte, hätte Moschkowitsch gar nicht nachweisen können – und so sieht Lindschulten den Fehler im System. „Die russischen Dopingproben wurden nicht akzeptiert und international wurde Swetlana nie getestet. Wie will man da eine Unschuld nachweisen? Meines Wissens wurden im Handbike weder bei den Paralympics 2012 noch bei der letzten WM 2015 Dopingkontrollen gemacht. So wurde Swetlana nicht einmal als Weltmeisterin getestet“, sagt der 42-Jährige.

Moschkowitsch, die auf dem Papier nach wie vor unschuldig ist, kann trotzdem nicht teilnehmen. Das Problem ist für Lindschulten auch, dass die Anti-Dopingsysteme nicht vergleichbar seien. „Den Schweden in meiner Trainingsgruppe wird zwei- bis dreimal im Jahr das Blut untersucht. So etwas gibt es in Deutschland gar nicht“, sagt er: „Aber das hängt auch an den nationalen Verbänden und dem IPC.“

Den McLaren-Report, der von einem russischen Staatsdopingsystem spricht und zum Paralympics-Ausschluss führte, hat Lindschulten zwar nicht komplett gelesen und er wolle die Problematik auch nicht verharmlosen, sagt er: „Aber da ging es hauptsächlich um die Winterspiele in Sotschi. Es werden Sachen verglichen, die nichts miteinander zu tun haben. Swetlana wird wegen ihrer Nationalität gesperrt, für etwas, für das sie nichts kann.“

Moschkowitsch will dennoch nach Rio reisen. Auch wenn sie nicht starten darf, so will sie doch als Zuschauerin zeigen, dass sie sich ungerecht behandelt fühlt.

Leon Bucher

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false