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Paralympics-Reporter Dominik Prüfer mit dem US-Schützen Matt Stutzman.

© promo

Paralympics-Tagebuch (4): Nervenkitzel als ständiger Begleiter

Bei den paralympischen Wettkämpfen im Schießen gehen nicht nur die Zuschauer begeistert mit. Auch Schülerreporter Dominik Prüfer lässt sich von der unglaublichen Atmosphäre mitreißen.

Spannung ohne Ende, egal welche Veranstaltung man sich nun ansieht. Die Stimmung ist überragend, sowohl bei den Athleten als auch beim Publikum. Und zwar nicht nur, wenn die Sportler aus dem „Team GB“ am Start sind. Jeder Teilnehmer wird gefeiert, als wäre er ein Landsmann. Kein Wunder also, dass mein Puls jedes Mal auf 180 schnellt, wenn ich nur den Lärm aus den einzelnen Sportstätten höre. Aber genau deshalb wollte ich ja unbedingt Teil der Paralympics Zeitung sein!

Unvergleichbar. Das ist der richtige Begriff, wenn man die Atmosphäre in den Royal Artillery Barracks beschreiben soll. Dort finden die paralympischen Wettbewerbe der Bogen- und Schießsportler statt. Die Stimmung bei den Paralympics würde nämlich jeden Vergleich klar für sich entscheiden. Als ich 2007 bei den Weltmeisterschaften im Bogenschießen in Leipzig war, herrschte auf den Rängen bedächtige Ruhe. Niemand wollte riskieren, die Athleten in ihrer Konzentration zu stören. Nun, das ist bei den Paralympics nicht anders. Allerdings steigt der Lautstärkepegel rasant an, sobald die Schüsse getätigt worden sind. Ich entgehe praktisch einer Herzattacke nach der anderen.

Nicht nur die enthusiastischen Zuschauer sorgen für meinen konstant hohen Blutdruck. Auch die Schützen tragen ihren Teil dazu bei. Ob nun in den Schießhallen, auf dem Bogenplatz oder bei anderen Sportarten: Nervenkitzel und Adrenalin sind meine ständigen Begleiter. Ich war live dabei als Luftgewehrschützin Manuela Schmermund die erste deutsche Medaille 2012 holte. Als Josef Neumaier, ebenfalls mit dem Luftgewehr, in einem nie dagewesenen, sich über drei Schüsse erstreckenden Shoot-out Bronze gewann. Oder der „Armless Archer“ Matt Stutzman aus den USA sich auf seinem Weg ins Halbfinale einen Krimi nach dem anderen lieferte.

Da kann ich manchmal nicht verstehen, dass meine Kollegen von anderen Zeitungen und Nachrichtendiensten total regungslos auf ihren Sitzen die Wettkämpfe verfolgen. In solchen Momenten würde ich am liebsten bei den ebenfalls mitfiebernden Zuschauern sitzen. Und was macht Matt Stutzman? Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass wir das mir versprochene Interview mit ihm wohl im Krankenhaus durchführen müssen, wenn er so weitermacht. Er hat gelacht und zu mir gesagt, dass er den Weg notfalls finden würde. Ich weiß nicht, wann mir das letzte mal jemand auf Anhieb so sympathisch war. So eile ich also weiter, von einem Fast-Infarkt zum nächsten. Zum Glück bin ich noch jung und mein Herz wird das aushalten. Muss es auch, denn eine Pause kann, will und werde ich ihm nicht gönnen.

Dominik Prüfer

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