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Der Fußballreporter Marcel Reif war in seinen Reportagen stets sehr meinungsstark.

© dpa

Pay-TV-Sender Sky: Tränen lachen mit Marcel Reif

Keine Frage, der Sportreporter Marcel Reif war und ist umstritten, eitel und polarisierend. Wenn er aber jetzt als Fußballreporter im Fernsehen aufhört, geht eine wortgewaltige Institution. Ein persönlicher Abschied.

Nein, das wird jetzt kein Nachruf, zum Glück nicht. Oder wird es doch einer? Wenn sich Institutionen verabschieden, hat das einen finalen Charakter. Und Marcel Reif war, nein, ist eine Institution. Der Fußballreporter, manche sagen, ich zum Beispiel, der Fußballreporter schlechthin, hört auf. Nach 17 Jahren im bezahlten Fernsehen und etlichen Jahren zuvor im öffentlich-rechtlichen, endet sein Vertrag mit „Sky“. Oder er wird nicht verlängert, lassen wir es dahingestellt, ob Reif mit 66 Jahren keine Lust mehr hat, durch Europa zu tingeln und Fußballspiele zu kommentieren, oder der Sender künftig auf Jugend setzt. Auf jeden Fall verzichtet der Sender damit auf Qualität.

Keine Frage, Reif war und ist umstritten, eitel und polarisierend. Wenn er zum Beispiel über den FC Bayern reportierte, sagten die Anhänger des FC Bayern, er sei fanatischer Bayern-Gegner. Kurz hinter der Stadtgrenze der bayerischen Landeshauptstadt, hieß es, er sei fanatischer Bayern-Fan. Aber so geht es halt einem, der wortgewaltig ist wie kein Zweiter in dieser Branche, zudem meinungsstark, pointiert und der mit Witz das Gerangel von 22 Männern um einen Ball auf eine andere, höhere Ebene hob. Viele Jahre war er Kolumnist dieser Zeitung, ich habe seine Kolumne redaktionell betreut. Mitunter wurde er für seine Texte attackiert, und wenn ich es war, der durch Überspitzungen Auslöser dieser Attacken war, so, lieber Marcel, tut es mir leid. Aber, seien wir ehrlich, wir Fußballfreunde haben alle auf dem Boden gelegen, als er zusammen mit dem kongenialen Günter Jauch das umgefallene Tor von Madrid darstellte (und dafür neben all den anderen Preisen den Grimme-Preis erhielt). Und wir haben ebenfalls Tränen gelacht, als er in einem Spiel einer afrikanischen Mannschaft gegen eine europäische, die afrikanische kennzeichnete, als die in den gelben Trikots. Ob dergleichen noch mal einem einfällt in Zeiten der political correctness?

Es war an einem Dienstag, als Marcel und ich durch Madrid liefen, wo der FC Bayern am Abend ein Spiel in der Champions-League zu bestreiten hatte. Ein Bayern-Fan kam uns entgegen und rief Reif zu: „Gell, Herr Reif, heute aber mal ein bisschen objektiver für den FC Bayern.“ Es dauerte eine Zeit, bis ich Marcel aus seinem Lachanfall lösen konnte. Dann berichtete er aus dem Bernabeu- Stadion, sehr objektiv, nicht zugunsten des FC Bayern, der grottenschlecht gespielt hatte und verlor. Auch wenn es Wichtigeres gibt im Moment, als den Abschied eines Fußballreporters, Marcel, du wirst fehlen.

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