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Peter Prevc.

© REUTERS

Peter Prevc gewinnt Vierschanzentournee: Severin Freund verpasst Gesamtsieg: "Kein Grund, traurig zu sein"

Trotz einer starken Leistung verpasst Severin Freund den Sieg bei der Vierschanzentournee. Den holt sich verdient der Slowene Peter Prevc.

Von Johannes Nedo

Als Peter Prevc den Schanzenauslauf verließ, steuerte Severin Freund direkt auf ihn zu. Der Bayer gratulierte Prevc mit einer kurzen Umarmung. Zuvor hatte er seinen Rivalen allerdings noch maximal gefordert. Nach dem ersten Durchgang war Freund Zweiter, direkt hinter Prevc. Und bei seinem letzten Sprung der Tournee zeigte er noch einmal all seine Klasse. Er flog die Paul-Außerleitner-Schanze in großer Höhe herab und landete bei beeindruckenden 141 Metern. Freund jubelte, doch kurz danach rastete Prevc für seine Verhältnisse regelrecht aus. Denn der Slowene überbot den 27-Jährigen erneut und kam auf 142,5 Meter.

Prevc triumphierte somit in Bischofshofen und holte sich den Gesamtsieg bei der 64. Vierschanzentournee. Freund wurde Zweiter im Wettkampf und in der Gesamtwertung. Zweimal Platz drei konnte auch der Österreicher Michael Hayböck feiern. Während Prevc am Mittwochabend die goldene Adler-Trophäe überreicht bekam, freute sich Freund über sein bestes Resultat bei der Tournee. „Es war wunderschön und hat extrem Spaß gemacht – mit kleiner Schrecksekunde und ein paar Blessuren“, sagte er mit einem kleinen Verweis auf seinen Sturz in Innsbruck. Doch Freund zeigte mit seiner überzeugenden Leistung in Bischofshofen, dass er auch dieses Missgeschick am vergangenen Sonntag gut verdaut hat.

„Platz zwei ist kein Grund, traurig zu sein. Wir haben keinen Fehler gemacht. Severin kann stolz sein“, sagte Bundestrainer Werner Schuster. Freund erreichte bei dieser Tournee in jedem Springen das Podest, vorher war er überhaupt nur einmal unter die besten drei gekommen. Er war bei der Traditionsserie so gut wie noch nie. „Selten gab es so einen saustarken Zweitplatzierten wie Severin“, sagte sein Teamkollege Richard Freitag, der in Bischofshofen Elfter und im Gesamtklassement Neunter wurde.

Noch zufriedener war Peter Prevc. „Ich bin so glücklich, es war alles so aufregend“, sagte der ruhige Slowene. Auch Schuster zollte dem 23-Jährigen großen Respekt. „Wenn er rückwärts oben weggefahren wäre, hätten wir vielleicht eine Chance gehabt“, sagte er und lobte seinen Schützling ebenso: „Severin hat seinen Teil getan, aber Peter war einfach besser.“

Mit Prevc feierten dann zahlreiche slowenische Fans, die kurzfristig nach Bischofshofen gekommen waren. Ausgestattet mit Ziehharmonikas und vielen weiß-blau-roten Fahnen mischten sie sich lautstark unter die sonst dominierenden deutschen und österreichischen Anhänger. Ein slowenischer Fan hatte sogar Fahnen um seine Krücken gebunden.

Schon im ersten Durchgang konnten die Slowenen unter den 20.000 Zuschauern feiern. Denn Prevc musste im Zweikampf mit Freund zwar vorlegen – er startete direkt vor ihm –, doch er beseitigte bereits mit diesem Sprung alle Zweifel daran, dass er noch einmal schwächeln könnte. Prevc flog auf herausragende 139 Meter und zeigte, wie sehr ihm Bischofshofen liegt. Die Schanze kommt seinen grandiosen Fliegerfähigkeiten sehr entgegen. Doch auch Freund ist ein begnadeter Flieger. Er landete bei 136 Metern und reihte sich nach dem ersten Durchgang direkt hinter Prevc auf Platz zwei ein.

Freund zog später ein absolut zufriedenes Fazit der Tournee: „ Es ist doch wirklich schön, wenn ich nach der Tournee für das nächste Mal sagen kann: Ich muss nicht nur aus Fehlern lernen, sondern kann auch so viel Positives mitnehmen.“

Prevc hingegen ist der größte Erfolg seiner Karriere gelungen. Bisher waren seine besten Platzierungen zweite Ränge bei Olympia und Weltmeisterschaften. Nun ist er nach Primoz Peterka 1997 der zweite Slowene, der die Tournee gewonnen hat. Als er noch keinen großen Sieg vorweisen konnte, erkannte er Vergleiche mit Peterka und anderen berühmten Vorgängern seines Landes wie den Weltmeistern Franci Petek und Rok Benkovic gar nicht an. Das dürfte nun vorbei sein für den schweigsamen 23-Jährigen aus dem 500-Einwohner-Dorf Dolenja vas Selca.

Außerdem könnte dieser Sieg der Auftakt für eine neue Dominanz der Prevc-Familie im Skispringen sein. Peter Prevc ist nämlich der älteste von fünf Geschwistern. Sein Bruder Domen (16) überzeugt seit dieser Saison bereits im Weltcup – in Engelberg wurde er schon Zweiter, nur geschlagen von Peter. Der dritte Bruder Cene (19) ist im zweitklassigen Continentalcup aktiv und sogar die zehnjährige Schwester Nika ist Skispringerin, sie gewann kürzlich in Ruhpolding ein Mädchenspringen. Nur die sechsjährige Ema springt nicht, noch nicht.

Ob nun eine neue Ära beginnt, vermochte Peter Prevc nicht zu sagen. Er war zu überwältigt. „Ich muss jetzt erstmal schlafen“, sagte er. „Ich lag die vergangenen drei Tage wach.“

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