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Sport: Pfälzer Pleitiers

Kaiserslautern steht vor der Insolvenz, hofft auf die Landesregierung und muss vielleicht Klose verkaufen

Von Oliver Trust

Kaiserslautern. Kein noch so verrückter Häuslebauer in der Pfalz wäre unter diesen Voraussetzungen wohl in den nächsten Baumarkt gerannt und hätte Kelle und Schaufel gekauft, um zu buddeln. Beim 1. FC Kaiserslautern sah man die Sache nicht so tragisch. Munter begannen die Funktionäre mit dem 47 Millionen Euro teuren Ausbau der WM-Arena Fritz-Walter-Stadion, ohne rechtsgültige Kreditverträge mit den beteiligten Banken abgeschlossen zu haben. Vielmehr musste der Fußball-Bundesligist 4,8 Millionen Euro aus dem laufenden Haushalt abziehen, um den insolventen Bauriesen Philipp Holzmann mit ersten Zahlungen bei der Stange zu halten. Holzmann hatte schon mit dem Abzug seiner Arbeiter gedroht.

„Mit den 20 Millionen Eigenanteil hat sich der Verein schlicht übernommen“, sagte René C. Jäggi gestern. Der 53 Jahre alte Schweizer saß auf dem Podium und schlug die Hände vors Gesicht. Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten. Trotz seiner zur Schau gestellten Ruhe hätte er am liebsten ausgepackt und die Verantwortlichen für das Debakel beim n genannt, etwa die des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Friedrich oder des gleichfalls zurückgetretenen Aufsichtsratschef Robert Wieschemann. „Der Verein steht vor der Insolvenz, wenn nicht in zwei, drei Wochen die Kreditverträge mit den Banken unterschrieben werden", sagte Jäggi. 17,8 Millionen Euro an Verbindlichkeiten plagen den Klub. Nun muss ein Verkauf der Werbe- und Transferrechte von Nationalspieler Miroslav Klose die Rettung einleiten. Der Pfälzer Bub mit der polnischen Vergangenheit muss nun die ganze Last auf seinen schmalen Schultern tragen. „Wenn ich dem Verein helfen kann, tue ich das gerne“, sagte Klose.

Die Lösung des Problems ist vorgezeichnet – und schmerzvoll für den Klub. Kaiserslautern muss die Rechte an Klose an einen Sponsor abtreten und bekommt dafür fünf Millionen Euro. Erst dann wollen die beteiligten Banken über die Kreditverträge weiter verhandeln. Die Summe von fünf Millionen Euro steht als Ausstiegsklausel für 2004 im Vertrag, der bis 2005 läuft. „Wenn aus irgendwelchen Gründen die Kreditverträge nicht zustande kommen, müssten Privatleute sofort in die Schatulle greifen, sonst wäre der Verein nicht mehr zu retten“, sagte Jäggi. Es soll sich beim Sponsor um den Sportwettenanbieter Oddset handeln. Es müssten laut Jäggi zur Konstruktion im Fall Klose dringend landesbürgschaftsähnliche Vereinbarungen mit der Landesregierung von Rheinland-Pfalz getroffen werden. Ministerpräsident Kurt Beck hat positive Signale aus der Staatskanzlei gesendet, die auf weitere Hilfen des Landes schließen lassen. „Der Crash würde in zwei bis drei Wochen kommen“, sagte Jäggi. Ohne die Hilfe des Landes, der Stadt Kaiserslautern und der beteiligten Banken sei eine Sanierung aussichtslos.

Das Projekt der Sanierung hält für Jäggi manche Überraschung parat. So musste der als Generalbevollmächtigter präsentierte Schweizer am Montag vom Amtsgericht Kaiserslautern zum Notvorstand bestellt werden, weil „ich in der Position des Generalbevollmächtigten eigentlich nichts zu sagen und entscheiden hatte“. Neben Jäggi hatte der FCK mit Gerhard Herzog und Finanzvorstand Erwin Göbel bereits einen zulässigen Vorstand. Göbel trat jetzt zurück, Jäggi wurde eingesetzt. Des weiteren mussten die Pfälzer ihre Mitgliederversammlung vom 15. Oktober auf den 5. November verschieben, da die Einladung zum ersten Termin formaljuristisch Fehler aufwies.

Der FCK muss nun an drastische Einsparungen denken. So könnte schon in der Winterpause mit dem Verkauf einzelner Profis zu rechnen sein. Jäggi und Herzog schlossen jedoch aus, dass Miroslav Klose den Verein im Winter verlässt, etwa in Richtung Bayern München, Bayer Leverkusen oder AS Rom. „Es geht den Sponsoren, die die Rechte kaufen, vor allem um Klose als Indentifikationsfigur in der Pfalz", sagt Herzog. Diese Sponsoren wollen, dass Klose wenn möglich auch über das Jahr 2005 hinaus in der Pfalz bleibt.

Das gesamte Desaster fällt vor allem auf Friedrich und Wieschemann zurück. Beide hatten den 1. FC Kaiserslautern noch vor wenigen Wochen als im Kern gesund bezeichnet. Jäggi aber mochte „lieber nach vorne schauen“ und nicht „Schuldzuweisungen üben“. Das tun allerdings Teile des Aufsichtsrates, die nicht über alle Details beim Vertrag von Ciriaco Sforza informiert gewesen sein wollen. Sforza hat im Anschluss als Profi (bis 2004) einen Vertrag als Sportdirektor ausgehandelt, aus dem sich der FCK nur mit einer Million Euro freikaufen kann. Wieschemann habe wichtige Details verschwiegen und den Vertrag mit Friedrich im Alleingang abgewickelt.

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