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Sport: Pferdefreundlich per Gesetz

Die Reiterverbände reagieren auf die Kritik an der Methode des „Aufrollens“

Berlin - Nach den Diskussionen um die Methode des „Aufrollens“ während der Dressurreiter-EM wird nun über Reformen diskutiert. Die FEI, der weltweite Dachverband der Reiter, will ein Komitee bilden, das genau formuliert, welche Trainingsformen gegen den Tierschutz verstoßen. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) erklärte in einer Stellungnahme, dass die Praxis des „Aufrollens“ eine Irrlehre sei. Bei dieser Methode wird der Pferdehals so sehr gekrümmt, dass das Maul fast die Brust berührt. Damit soll die Rückenmuskulatur des Pferdes gedehnt werden.

„Das Aufrollen als Irrlehre zu bezeichnen, ist viel zu wenig“, sagt Martin Plewa, Leiter der Westfälischen Reit- und Fahrschule, der 20 Jahre lang zum Ausbildungsausschuss der FN gehörte. „Die FN macht sich lächerlich und gefährdet das Ansehen des Dressursports, wenn sie jetzt nicht durch Taten reagiert“, sagt Plewa. Er kenne genug Fachleute, die sich aus dem Turniersport zurückgezogen hätten, weil im Viereck weniger die gesamte klassische Ausbildung des Pferdes mit hohen Noten belohnt werde, sondern eher einzelne, spektakuläre Lektionen. Verschämt würde seit Jahren weggeschaut, wenn auf Abreiteplätzen hart pariert und mit starkem Sporeneinsatz angeritten würde. „Das Aufrollen ist da nur eine Facette“, sagt Plewa. „Wenn das so weitergeht, haben wir irgendwann keine ehrlich ausgebildeten Pferde mehr.“

Die FEI erwägt nun eine Ausweitung der Kompetenzen für Stewards. Diese führen auf internationalen Turnieren Aufsicht über die Vorbereitung vor der Prüfung. „Stewards sollten eine Gelbe oder Rote Karte ziehen können und auch jemanden vom Abreiteplatz verweisen dürfen“, sagt Mariette Withages, die Vorsitzende des FEI-Dressurausschusses. Bisher können sie nur der Richtergruppe Auffälligkeiten melden. Zudem wird ein Ausschuss aus Veterinären, Verhaltens- und Biodynamik-Wissenschaftlern, vielleicht auch Ausbildern, gebildet. „Sie sollen eindeutig festlegen, was man auf Abreiteplätzen darf und ab wann Formen der Reiterei dem Pferd schaden“, sagt Withages.

Ob eine Richtlinie hilft, zu entscheiden, wo das Training aufhört und die Tierquälerei anfängt? Darüber ist sich selbst die FN nicht sicher. „Die Norm allein wird es nicht bringen“, sagt Sprecher Thomas Hartwig. Aufklärung und Sanktionen wären zusätzlich nötig. Fachleute beurteilen den Erfolg neuer Regeln skeptisch, da die heute schon möglichen Kompetenzen selten ausgenutzt werden. Martin Plewa ist der Meinung, dass Richter und Stewards schlicht ihre vorhandenen Kompetenzen einsetzen sollten. „Ohne Rücksicht auf Namen und Erfolge müssen Paare gemeldet und aus der Prüfung herausgezogen werden“, sagt Plewa.

In Deutschland müsste die FN nach Meinung Plewas endlich einmal das konsequent umsetzen, was in ihren Richtlinien schon seit Jahren steht. Hilfreich ist bei der Diskussion ein Blick in die „Ethischen Grundsätze“ der Reiterlichen Vereinigung. In der Aufroll-Diskussion ist vor allem der dritte der neun Grundsätze interessant. Hier heißt es: „Der physischen wie psychischen Gesundheit des Pferdes ist unabhängig von seiner Nutzung oberste Bedeutung einzuräumen.“

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